Erzbischof spricht mit Benedikt XVI. über den Missbrauchsskandal

Papst ermutigt zu unbeirrter Aufklärung

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, hat Papst Benedikt XVI. über die Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche in Deutschland informiert. Der Papst habe den Bericht "mit wachem Interesse, großer Betroffenheit und tiefer Erschütterung" zur Kenntnis genommen. Zuvor bekräftigte er erneut die Gültigkeit des Zölibats. Ein deutscher Bischof hat zum Nachdenken über die Ehelosigkeit angeregt.

Gespräch unter sechs Augen: Erzbischof Zollitsch, Papst und sein Skretär Gänswein (KNA)
Gespräch unter sechs Augen: Erzbischof Zollitsch, Papst und sein Skretär Gänswein / ( KNA )

Benedikt XVI. habe die Bischöfe zu einer unbeirrten und mutigen Fortsetzung ihrer Aufklärungsarbeit ermutigt, sagte Zollitsch nach dem Treffen vor Journalisten.

Erneut bat Zollitsch die Opfer um Entschuldigung. "Wir wollen die Wahrheit aufdecken", beteuerte er. Die Kirche wolle "ohne falsche Rücksichtnahme" Licht in die Vorgänge bringen, auch wenn die Fälle Jahrzehnte zurücklägen. "Die Opfer haben ein Recht darauf", betonte der Konferenzvorsitzende. Zugleich forderte er eine "Kultur aufmerksamen Hinschauens" in der Kirche.

Ausdrücklich bekräftigte Zollitsch den Willen der Bischöfe zur Zusammenarbeit mit staatlichen Ermittlern. Allen Geistlichen, Kirchenmitarbeitern und Ehrenamtlichen, die sich sexueller Übergriffe schuldig gemacht hätten, werde zur Selbstanzeige geraten.

Bei Missbrauchsfällen informiere die Kirchenleitung von sich aus die Strafverfolgungsbehörden, außer wenn dies von den Opfern erklärtermaßen aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes nicht gewünscht werde. Ein eigenes kirchliches Untersuchungsverfahren habe weder Einfluss auf die staatliche Untersuchung noch auf die Unterstützung der staatlichen Strafverfolgung.

Das Problem des Missbrauchs reiche über die Kirche hinaus, betonte Zollitsch. Er sprach sich daher für einen Runden Tisch mit Vertretern aller betroffenen Institutionen aus. Es gelte, Aufklärung und Prävention gemeinsam mit möglichst vielen gesellschaftlichen Akteuren zu suchen.

Papst bekräftigt Gültigkeit des Zölibats
Zuvor bekräftigte Benedikt XVI. die Ehelosigkeit als wesensmäßigen Bestandteil des Priesterseins. Der "heilige Zölibat" sei eine Gnadengabe und ein prophetischer Hinweis auf das Reich Gottes, sagte der Papst bei einer Begegnung mit Teilnehmern einer Tagung der Kleruskongregation am Freitag im Vatikan. "Unsere Grenzen und Schwächen müssen uns dazu führen, mit tiefem Glauben ein so kostbares Geschenk zu leben und zu hüten, mit dem Christus uns sich gleichgestaltet hat", so Benedikt XVI.

Die Kirche müsse an der Besonderheit des Priesterdienstes festhalten, um nicht der Versuchung nachzugeben, dieses Amt auf gängige kulturelle Kategorien zu reduzieren, sagte der Papst. Eine säkularisierte Gesellschaft nehme das Priesteramt "gerade wegen der grundlegendsten Aspekte seines Dienstes" als etwas Fremdes wahr. Umso mehr verlange das Priesteramt eine stärkere Kontinuität zwischen der Ausbildung im Seminar und der beruflichen Weiterbildung.

In den vergangenen Jahrzehnten sei der Priester vielfach auf eine Art Sozialarbeiter reduziert worden, kritisierte der Papst. Dagegen gebe es ein großes Bedürfnis nach Männern, die nicht "flüchtigen kulturellen Moden" unterworfen seien. Geistliche müssten "jede Sorge darauf verwenden, sich der herrschenden Mentalität zu entziehen, die dahin tendiert, den Wert des Dienstes nicht mit seinem Sein, sondern mit seiner Funktion zu verbinden", betonte der Papst. Die Gläubigen erwarteten von den Geistlichen, dass sie "Priester und nichts anderes" seien.

Weihbischof: Auch über Zölibat nachdenken
Der Hamburger katholische Weihbischof Hans-Jochen Jaschke hat sich mit Blick auf den Missbrauchsskandal dafür ausgesprochen, über den Zölibat und neue Formen des Priestertums nachzudenken. Zwar sei der Zölibat nicht Ursache von Missbrauch, sagte er am Freitag im Deutschlandfunk.

Die zölibatäre Lebensform könne aber Menschen anziehen, die "eine krankhafte Sexualität haben". Jaschke plädierte dafür, dass die Kirche über "neue Formen des priesterlichen Dienstes" und die Gemeindeleitung durch Laien nachdenken müsse. Zugleich betonte er, dass die priesterliche Ehelosigkeit ein wichtiges Zeichen für die Freiheit und Hingabe des Priesters bleibe.

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