Kurienkardinal Kasper kritisiert Bundesjustizministerin

"Sie kennt das Kirchenrecht nicht"

Kardinal Walter Kasper hat Kritik von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) am Umgang der katholischen Kirche mit den Missbrauchsfällen in scharfer Form zurückgewiesen. "Sie kennt das Kirchenrecht nicht", sagte der Präsident des vatikanischen Ökumene-Rates am Mittwoch Radio Vatikan.

 (DR)

Zum Vorwurf mangelnder Zusammenarbeit mit den Strafverfolgungsbehörden, sagte Kaspter: «Sie kann nicht unterscheiden, was kirchenrechtliche Zuständigkeit und staatliche Kompetenzen sind.»

Die Bundesministerin hatte im Bezug auf eine Richtlinie der vatikanischen Glaubenskongregation von einer Schweigepflicht innerhalb der Kirche gesprochen. Diese bezieht sich jedoch auf kirchenrechtliche Missbrauchsverfahren, die parallel und unabhängig von Ermittlungen staatlicher Behörden angestrengt werden.

Kasper dementierte, Entschädigungen für die Opfer von sexuellem Missbrauch gefordert zu haben. Ein entsprechendes Interview mit der italienischen Tageszeitung «La Repubblica» sei falsch wiedergegeben worden. Der deutsche Kurienkardinal äußerte erneut «Scham, dass solche Dinge in katholischen Einrichtungen vorgekommen sind und dass Kinder missbraucht wurden». Die deutschen Bischöfe täten in dieser Situation «das, was möglich ist». Der Vatikan unterstütze dabei «selbstverständlich» die Ortsbischöfe.

Die katholische Kirche ist nach Kaspers Worten die einzige Institution, die Richtlinien für den Umgang mit Missbrauch erlassen habe. Das Phänomen sei jedoch «kein katholisches, sondern ein gesellschaftliches Problem». Deshalb sei es an der Zeit, gemeinsam Maßnahmen für Prävention und den Schutz der Opfer zu entwickeln. Als Bischof von Rottenburg-Stuttgart zwischen 1989 und 1999 verfolgte der heutige Kurienkardinal nach eigenen Angaben Vorwürfe sexuellen Missbrauchs, indem er einen Personalreferenten zu den betroffenen Familien schickte. «Die Eltern schwiegen, obwohl wir sie gedrängt hatten, dass sie reden sollten.» Daher sei der Vorwurf, die Kirche arbeite nicht mit den Behörden zusammen und errichte Schweigemauern, «völlig absurd».