Kirche begrüßt Einladung zum Runden Tisch gegen Missbrauch

"Ein wichtiger Schritt zum gemeinsamen Ziel"

Der Runde Tisch soll kommen: Angesichts der Missbrauchsskandale hat Bundesfamilienministerin Kristina Schröder dazu nun eingeladen. Das Gremium unter Beteiligung von Bundesbildungsministerin Annette Schavan soll schon bald tagen. Die katholische Kirche begrüßt die Initiative.

 (DR)

In einer ersten Stellungnahme dankte der Missbrauchsbeauftragte der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Stephan Ackermann, der Bundesministerin. "Wir selbst hatten schon gesagt, eine Zusammenkunft aller gesellschaftlich relevanten Gruppen sei sehr hilfreich." Die Einladung der Ministerin sei ein wichtiger Schritt zu dem gemeinsamen Ziel, sich zügig der gesamten Problematik zu stellen. "Ich bin dankbar für das Gespräch. Die Deutsche Bischofskonferenz ist selbstverständlich dabei."

Marx: Alle relevanten Gruppen einladen
Auch der Münchner Erzbischof Reinhard Marx hat den von der Bundesregierung angestoßenen Runden Tisch zum sexuellen Missbrauch an Schulen begrüßt. Es sei gut, Vertreter aller relevanten Gruppen von Familienverbänden, Schulträgern, Ärzten und natürlich auch die Kirchen dazu einzuladen, sagte Marx dem "Münchner Merkur". Dem Skandal des Missbrauchs an Kindern und Jugendlichen müsse auf breiter Front entgegengetreten werden.

Auf die Frage, warum die Bischöfe so lange gebraucht hätten, um Stellung zu beziehen, verwies Marx auf eine Absprache unter den Bischöfen. Auf der Bischofskonferenz hätten alle noch einmal ausgiebig mit Fachleuten darüber reden wollen. Danach sollte eine gemeinsame Erklärung abgegeben werden. "Im Nachhinein weiß ich nicht, ob das richtig war", räumte der Erzbischof ein.

Zugleich warte Marx davor, angesichts der Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche, Priester und Mitarbeiter unter Generalverdacht zu stellen. Er müsse auch die vielen im Blick haben, die eine gute und engagierte Arbeit machten. Die Übergriffe auf Kinder und Jugendliche seien "erschreckend und entsetzlich". Zuallererst fühle er sich daher den Opfern verbunden. "Wir müssen der Wahrheit ins Auge sehen und so weit wie möglich den Opfern Gerechtigkeit widerfahren lassen."

Kirche darf nicht in Verjährungsfristen denken
Auch wenn die Institution als solche nicht gesündigt habe, sondern einzelne Personen, träfen die Auswirkungen letztlich alle in der Kirche, betonte Marx. Das sei wie in einer Familie. Zugleich räumte er ein, dass es in der Vergangenheit die Tendenz gegeben habe, das Ansehen der jeweiligen Institution nicht zu beschädigen. Die meisten Taten, über die derzeit geredet würden, seien verjährt. Eine Kirche dürfe aber nicht in Verjährungsfristen denken. Sie habe eine moralische Verantwortung, die über Generationen gehe.

Spätestens seit 2002, als die Bischofskonferenz die Richtlinien im Umgang mit Missbrauchsfällen verabschiedet habe, habe sich die Perspektive geändert, so der Erzbischof. Nun müsse überlegt werden, ob die Prävention weiter verbessert werden könne und wann die Staatsanwaltschaft einzuschalten sei. Fachleute hätten den Bischöfen geraten, wegen des Opferschutzes die Anzeigepflicht nicht in die Richtlinien aufzunehmen, erläuterte Marx. Er selber habe bei Missbrauchsfällen aber immer darauf gedrängt, dass sich der Täter selber anzeige.

Treffen im April
Am 23. April sollen Vertreter der Familienverbände, Schul- und Internatsträger, beider großer Kirchen, der freien Wohlfahrtspflege, der Ärzteschaft und der Politik Selbstverpflichtungen und klare Verhaltensregeln erarbeiten. Darüber hinaus sollen Kinder und Jugendliche behutsam sensibilisiert werden, damit sie Missbrauch erkennen und klar benennen können.

Ein dritter Schritt soll die "flächendeckende Sensibilisierung" von Fachkräften sowie von Eltern und Erziehungsberechtigten sein, um möglichem Missbrauch vorzubeugen oder Missbrauchsfälle schneller zu erkennen.

Antworten auf Kernfragen
"Angesichts der jetzt bekanntgewordenen schrecklichen Ereignisse müssen wir dringend handeln", sagte Schröder. Kindesmissbrauch gebe es in unterschiedlichen Bereichen, "etwa in Internaten, in Sportvereinen aber auch in der Familie".

Das Gremium solle Antworten auf folgende Kernfragen finden: Welche Art der Hilfe und Unterstützung benötigen die Opfer? Was ist zu tun, wenn Übergriffe geschehen sind? Welche Faktoren fördern Übergriffe auf Kinder und Jugendliche und wie lassen sich diese vermeiden?

Umstrittener Tisch
Die Einrichtung eines Runden Tisches war zuletzt äußerst umstritten. Am Wochenende hatte Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger ihre Forderung nach einem Runden Tisch zur Aufarbeitung der Kindesmissbräuche in der katholischen Kirche  wiederholt. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, hatte ein solches Gremium grundsätzlich befürwortet, allerdings die Beteiligung der beteiligten Gruppen gefordert.

Sexueller Missbrauch von Kindern sei kein spezifisches Problem der katholischen Kirche. Leutheusser-Schnarrenberger sagte dazu, ein Runder Tisch sei kein "Pranger", sondern könne "die gesellschaftliche Aufarbeitung befördern".