Bischof Ackermann zur Debatte um einen Runden Tisch und das weitere Vorgehen der Kirche im Umgang mit Missbrauchsfällen

"Dass der Fokus auf uns liegt, ist verständlich"

Der Trierer Bischof Stephan Ackermann ist seit wenigen Tagen bundesweiter Ansprechpartners für alle "Fragen im Zusammenhang des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger im kirchlichen Bereich" der Bischofskonferenz. Im domradio.de-Interview erklärt er, warum die Katholische Kirche gegen einen eigenen Runden Tisch ist und welchen Weg sie stattdessen einschlägt.

 (DR)

domradio.de: Warum spricht sich Erzbischof Zollitsch gegen einen Runden Tisch für die Katholische Kirche aus?
Ackermann: Weil wir glauben, dass das Thema ein breiteres Thema ist. Auch wenn die Debatte jetzt natürlich durch die Missbrauchsfälle, die bekannt geworden sind oder auch noch bekannt werden innerhalb der Kirche, den Fokus besonders auf die Katholische Kirche gerichtet haben. Wir sagen ja: Das ist sehr, sehr schmerzlich, gerade weil ja Kirche, die im Bereich Bildung und Erziehung tätig ist, da ein hohes Vertrauen genießt und es umso schlimmer ist, wenn dieses Vertrauen missbraucht wird. Dass der Fokus auf der Kirche liegt, ist verständlich. Aber das Problem ist ein viel größeres. Deshalb sagen wir: Wenn es einen Runden Tisch gibt, muss das Thema auch in einem größeren gesellschaftlichen Kontext angeschaut werden. Und da sind wir selbstverständlich bereit, an diesem Tisch teilzunehmen.

domradio.de: Die Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger hält ihre Kritik, wann ein Verdachtsfall zur Anzeige kommt, weiterhin aufrecht. Nimmt da die Kirche in Deutschland nicht eine Sonderrolle ein?
Ackermann: Nein, wir haben ganz deutlich gemacht, dass wir keine Sonderrolle für uns beanspruchen. In den vergangenen Tagen ist das immer so in der Diskussion gewesen, so wie sie es eben auch gesagt haben. Wir haben uns aber auch noch mal kundig gemacht: Es gibt keine Anzeigepflicht im Bereich des sexuellen Missbrauchs, wenn es einen Anfangsverdacht gibt. Gerade auch die Experten, die im Bereich der Beratung tätig sind, auch des Kinderschutzes, sagen, dass es wichtig ist, dass es keine Anzeigepflicht gibt bei einem ersten, noch nicht erhärteten Verdacht - um die Hemmschwelle für Opfer nicht höher zu machen.

domradio.de: Warum wurden ihnen die Aufgabe als Ansprechpartner anvertraut, warum einem Bischof?
Ackermann: Wir Bischöfe wollen damit das Zeichen setzen, dass wir das als unsere ureigenste Aufgabe und unser Anliegen ansehen, dieses Thema anzugehen, uns diesem Thema zu stellen, deshalb also ein Beauftragter aus der Mitte der Bischöfe; was aber nicht heißt, dass wir nicht außerkirchliche Experten hinzuziehen. Auch die Leitlinien, die im Jahr 2002 erstellt worden sind, sind ja schon entstanden mit Hilfe von Fachexperten von außerhalb des direkten kirchlichen Zusammenhangs. Darauf wollen wir auf keinen Fall verzichten.

domradio.de: Nicht jede Diözese in Deutschland setzt externe Beauftragte für das Thema ein. Warum wird hier so unterschiedlich verfahren?
Ackermann: Wir werden das auch noch mal auswerten, das haben wir uns vorgenommen. Natürlich ist es so, wenn die Beauftragten  etwa Mitarbeiter der bischöflichen Behörden sind, ist natürlich eine leichtere Möglichkeit gegeben, Dinge zu recherchieren, als wenn das jemand von außen ist. Es könnte aber auch ein Nachteil sein, dass möglicherweise die Hemmschwelle höher ist, wenn ein Betroffener das Gespräch sucht. Das ist eine Abwägungsfrage.

Das Gespräch führte Monika Weiß.