Seehofer fordert Westerwelle zu mehr Souveränität auf

"Hartz IV"-Debatte prägt Politischen Aschermittwoch

Der Streit über den Umgang mit "Hartz IV"-Empfängern hat die traditionellen Aschermittwochs-Kundgebungen in Niederbayern geprägt. Der CSU-Vorsitzende Seehofer verzichtete in Passau zwar auf heftige Attacken gegen den Berliner Koalitionspartner FDP. Er forderte aber von Guido Westerwelle "mehr Souveränität" im Umgang mit schwierigen Fragen.

Autor/in:
Jörg Säuberlich
 (DR)

Westerwelle verteidigte in Straubing seine umstrittene Äußerung, wonach die Diskussion über das «Hartz IV»-Urteil des Bundesverfassungsgerichts sozialistische Züge trage. Das Volk wolle «die Wahrheit hören und nicht betuppt und beschummelt werden». Der FDP-Vorsitzende warnte: «Wer die Leistungsgerechtigkeit vergisst, der wird die soziale Gerechtigkeit verlieren.»

Seehofer versicherte, auch nach seiner Ansicht müsse sich Leistung «lohnen». Die CSU vertrete aber keine Gruppeninteressen, sondern als Volkspartei alle Schichten der Bevölkerung. Es müsse dafür gesorgt werden, dass Bürger bei unverschuldeten Schicksalsfällen ein menschenwürdiges Leben führen könnten.

SPD-Chef Sigmar Gabriel kritisierte in Vilshofen, Westerwelle wolle mit seinen Angriffen gegen «Hartz IV»-Empfänger nur davon ablenken, wie schlecht derzeit in Berlin regiert werde. Dass der FDP-Chef sozial Schwache zu Sündenböcken mache, sei «weder christlich noch liberal».

Gabriel forderte, die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen solle eine Abrechnung mit der bisherigen Politik der schwarz-gelben Bundesregierung werden. Er mahnte: «Wir müssen am 9. Mai ein Stoppschild setzen.» Wenn es gelinge, die schwarz-gelbe Landesregierung aus dem Amt zu jagen, bestehe die Chance, «den größten Unsinn noch zu verhindern». Als Beispiel nannte Gabriel die FDP-Forderung nach einer Kopfpauschale im Gesundheitssystem.

Seehofer lehnte die Kopfpauschale erneut ab. Er forderte zugleich die SPD-Spitze auf, in Nordrhein-Westfalen dafür zu sorgen, dass die Linkspartei «bekämpft» und nicht «beschmust» werde. Der CSU-Chef kritisierte unter Verweis auf die Körperfülle Gabriels, der SPD-Vorsitzende werfe zwar »breite Schatten«, hinterlasse aber »keine Spuren«.

Seehofer versicherte, bei der CSU gebe es «keine Wackelei bei Koalitionen». Seine Partei wolle den Erfolg des Bündnisses mit der FDP in Berlin. Mit Blick auf die Debatte über schwarz-grüne Koalitionen fügte der CSU-Chef hinzu: »Die Grünen tragen zwar in Bayern gelegentlich Lederhosen, aber darunter sind die roten Unterhosen.« Solange diese nicht »schwarze Unterhosen« geworden seien, kämen die Grünen für die CSU »nicht in Frage«.

Westerwelle sagte zum holprigen Start der Berliner Koalition, es habe in den ersten 100 Tagen «eine Menge Rütteleien» gegeben. Er wies zugleich die Kritik der CSU an Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) zurück. Westerwelle betonte: »So teuer wie das, was die bei der Landesbank verbrannt haben, wird keine einzige Gesundheitspolitik je werden können.«

Seehofer räumte ein, das Thema BayernLB sei so angenehm »wie eine Zahnwurzelbehandlung«. Er habe dabei aber »ein ganz klares Gewissen", weil die CSU mit den Milliardenverlusten korrekt und verantwortungsvoll umgehe. Ziel sei es, die Landesbank möglichst schnell wieder in eine stabile Lage zu bringen und das eingesetzte Geld Schritt für Schritt zurückzubekommen.