Armutsrisiko in Deutschland stark gestiegen

Prekäre Entwicklung

Die Zahl der Bundesbürger, die an der Armutsschwelle leben, wächst rasant. Vor allem junge Erwachsene und Haushalte mit Kindern sind betroffen. Unter den 19- bis 25-Jährigen lebte 2008 knapp ein Viertel unterhalb der Armutsschwelle, so eine aktuelle Studie. Das sind rund ein Drittel mehr als noch vor zehn Jahren.

 (DR)

Im Jahr 2008 waren rund 14 Prozent der Bevölkerung oder 11,5 Millionen Menschen armutsgefährdet, heißt es in einer am Mittwoch in Berlin veröffentlichten Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW).
Die Autoren warnen davor, lediglich auf höhere Hartz-IV-Sätze zu setzen. Sie verringerten zwar Einkommensdefizite, sagte Mitautor Markus Grabka. «Sinnvoller erscheinen uns aber Investitionen in Kinderbetreuung und in verbesserte Erwerbschancen für Alleinerziehende und Familien mit jungen Kindern.»

Als armutsgefährdet gilt, wer weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens seines Landes zur Verfügung hat. Die DIW-Forscher machen für die wachsende Armut vor allem drei Gründe aus: So hätten die Dauer der Ausbildung sowie der Anteil der Hochschulabsolventen zugenommen - was den Einstieg ins Berufsleben verzögert. Zudem stiegen viele Berufsanfänger über schlecht bezahlte Praktika und prekäre Arbeitsverhältnisse ins Arbeitsleben ein. Betroffen seien aber insbesondere Familienhaushalte mit mehr als zwei Kindern, sagt Joachim Frick, Co-Autor der Studie. Für Familien mit drei Kindern liege das Risiko bereits bei knapp 22 Prozent, bei vier und mehr Kindern erreicht es 36 Prozent.

Auch Alleinerzeihende stark betroffen
«Gegenüber 1998 ist das Armutsrisiko kinderreicher Haushalte beträchtlich gestiegen», so Frick, «und das, obwohl der Ausbau der Kinderbetreuungsplätze und das Elterngeld diese Entwicklung bereits entlastet haben.» Mit über 40 Prozent weisen Alleinerziehende mit minderjährigen Kindern ebenfalls weit überdurchschnittliche Armutsraten auf.

Relativ gut stellen sich nach der Studie dagegen die 46- bis 55-Jährigen. «Diese Gruppe hat die Bildungskarriere in der Regel abgeschlossen und ist überwiegend berufstätig», so Frick. Personen am Ende ihres Berufslebens oder zu Beginn des Ruhestands weisen ebenfalls ein unterdurchschnittliches Armutsrisiko auf. Erst nach dem 75. Lebensjahr steige das Armutsrisiko wieder auf das Durchschnittsniveau, was die Forscher unter anderem auf den höheren Anteil von Witwen mit geringeren Alterseinkünften zurückführen. «Für Ältere, die in einer Partnerschaft leben, stellt Armut derzeit aber kein großes Problem dar.»