Papst und Irlands Bischöfe erörtern den Missbrauchsskandal

Ein erster Schritt aus der Krise

Es war ein außergewöhnlicher Krisengipfel, zu dem der Papst den gesamten irischen Episkopat in den Vatikan geladen hatte. In aller Offenheit berichteten die Bischöfe des katholischsten Landes Europas über das Ausmaß und die Schwere des Missbrauchsskandals.

Autor/in:
Johannes Schidelko
 (DR)

Die Bischöfe räumten eigene Schuld ein, bekundeten Mitgefühl und Fürsorge mit den Opfern und verwiesen auf bisherige Gegenmaßnahmen. Und sie berieten mit dem Papst und der Kurie über Auswege, wie sie die Krise lösen und ihrer Ortskirche verlorene Glaubwürdigkeit zurückgewinnen könnten.

Es sei ein offenes und freimütiges Gespräch gewesen, positiv und in kollegialer Brüderlichkeit, heißt es in der Mitteilung des vatikanischen Presseamts am Dienstag zum Abschluss des zweitägigen Treffens. Das bestätigten anschließend auch die irischen Bischöfe. 24 der 26 Oberhirten von der Grünen Insel waren in den Vatikan gekommen. Ungeschönt habe man den Ernst der Lage und das Drama der Vergehen dargelegt, das durch eigene Fehleinschätzungen und Unterlassungen mitverursachte und verschärft worden sei. Die Bischöfe selbst seien durch die Berichte und die Details erschüttert und beschämt gewesen, sagte anschließend Bischof Dennis Brennan von Ferns bei einem Pressegespräch.

Benedikt XVI. habe die Schilderung der 24 irischen Bischöfe mit Sorge und Entrüstung aufgenommen, sagte Kardinal Sean Brady vor den Journalisten. Das Oberhaupt hatte unmissverständlich klargestellt: Sexueller Missbrauch von Kindern und Jugendlichen sei nicht nur ein abscheuliches Verbrechen, sondern eine schwere Sünde gegen Gott und den Mitmenschen. Der Papst habe den Bischöfen zugleich aber auch Mut zugesprochen, die Mission der Kirche überzeugend und mit Elan fortzusetzen. Besonders betroffen habe ihn das Schicksal der Opfer.

Benedikt XVI. äußerte aber auch die Hoffnung, dass die Krise die Bischöfe eine: Damit sie künftig mit einer Stimme sprächen und gemeinsame Schritte zur Heilung der Wunden der Opfer unternähmen. Ein deutlicher Wink angesichts mancher Differenzen im irischen Episkopat. Einige Oberhirten hielten dem Vernehmen nach mehr von einem Aussitzen der Krise als von unbedingter Aufklärung. Diese hatte vor allem der Dubliner Erzbischof Diarmuid Martin immer wieder eingemahnt. Allerdings habe der langjährige Vatikandiplomat dabei nicht immer auf die Unterstützung aller Mitbrüder zählen können, meinen irische Kirchenkenner.

Bei dem Gipfel berichteten die Bischöfe über ihre bereits eingeleiteten Gegenmaßnahmen. In den Gemeinden seien Tausende von trainierten Laienkatholiken als Betreuer eingesetzt, damit Kindern bei Kirchenaktivitäten künftig keine Gefährdung mehr drohe. Die irischen Oberhirten versicherten dem Papst und den anwesenden Kurienchefs auch ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit den staatlichen Behörden und den kirchlichen Kinderschutzeinrichtungen.

Die Schlussmitteilung über das Treffen bleibt weitgehend vage. Von einem konkreten Aktionsplan, von nächsten Schritten, von personellen Konsequenzen, von einer Präventionspolitik sagt der Text nichts. Deutlicher dazu äußern will sich der Papst in einem offenen Brief, den er in den nächsten Wochen an die Katholiken Irlands richten will. Bei der Konferenz konnten die Bischöfe bereits den Entwurf lesen und kommentieren. Benedikt XVI. will die Anmerkungen in den endgültigen Text einbauen.

Der Vatikan wie die irischen Bischöfe zeigten sich überzeugt, dass der Krisengipfel nur einer erster Schritt sein könne. Die Verletzungen sitzen nach dem Urteil aller Beteiligten sehr tief; es werde lange dauern, bis die schmerzhafte Krise überwunden und das Vertrauen wiederhergestellt werden könne, sagte der Papst. Aber man müsse jetzt einen Weg finden und die richtige Richtung einschlagen: zu einer ehrlichen und vollständigen Aufarbeitung des Skandals, zu einer Hilfe für die Opfer und zu einer wirksamen Prävention. Damit so etwas - wie Brennan betonte - «nie wieder passieren kann».


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