Bill Clinton soll Wiederaufbau in Haiti steuern

Ex-Präsident als Koordinator

Der frühere US-Präsident Bill Clinton soll beim Wiederaufbau nach dem Erdbeben in Haiti eine Schlüsselrolle übernehmen. Keine andere Persönlichkeit sei dafür besser geeignet, erklärte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon am Freitag in New York. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) beklagte Probleme bei der Versorgung der vielen Verletzten.

 (DR)

Clinton, der seit 2009 UN-Sonderbotschafter für Haiti ist, wurde am Freitag in dem Karibikstaat erwartet. Er soll die Regierung in Port-au-Prince beraten und bei der Koordination der internationalen Hilfsmaßnahmen mitwirken. Unterdessen ist die medizinische Versorgung im Katastrophengebiet weiter unzureichend. Nach Angaben der WHO wurden rund 200.000 Verletzte behandelt, warteten aber auf weitere Betreuung. Darunter sind auch Amputierte. Durch das Erdbeben vom 12.
Januar kamen nach Schätzungen mehr als 200.000 Menschen ums Leben.

Amerikaner wegen Kindesentführung angeklagt
Die haitianische Justiz erhob Anklage gegen zehn US-Bürger wegen Kindesentführung und Bildung einer kriminellen Vereinigung. Die Helfer einer US-Baptistenkirche hatten vor einer Woche versucht, 33 vermeintliche Waisenkinder ohne Adoptionspapiere aus dem Land zu schmuggeln. Dabei nahm sie die haitianische Polizei fest. Die US-Amerikaner sitzen seither in Untersuchungshaft. Bei Verurteilung drohen ihnen bis zu 15 Jahre Haft.

Die Baptistenkirche im US-Bundesstaat Idaho bat Haitis Regierung, sich auf den Wiederaufbau des Landes zu konzentrieren und den US-Amerikanern ihre Fehler zu verzeihen. Sie seien «nach Haiti gereist, um zu helfen, nicht um diese Kinder zu verletzen», erklärte die Kirche auf ihrer Website.

Haitianische Medien berichteten, 21 der Kinder hätten noch Eltern in Haiti. Einige forderten ihre Kinder zurück, andere erklärten, sie hätten bewusst ihre Kinder der Organisation übergeben, um ihnen ein besseres Leben zu ermöglichen. Schon vor dem Erdbeben lebten in Haiti Hunderttausende Kinder in Waisenhäusern oder als Haushaltshilfen bei fremden Familien.

Gegen Erwartungen auf schnelle Erfolge
Bei der Hilfe für Haiti haben die Medien nach Ansicht des «Bündnisses Entwicklung Hilft» Erwartungen auf schnelle Erfolge geweckt. «Das ist unrealistisch», sagte Geschäftsführer Peter Mucke der «Neuen Osnabrücker Zeitung» (Freitagsausgabe). Presse, Rundfunk und Fernsehen hätten das Recht, von den Hilfswerken Transparenz und Rechenschaft einzufordern. Angesichts des Ausmaßes der Katastrophe sei es aber eine «absurde Logik, nach schnellen Spenden mit genauso schnellen Ergebnissen zu rechnen».

Mucke warf den Medien auch einseitige und diskriminierende Berichterstattung vor: «Die Haitianer suchen mit bloßen Händen in den Trümmern nach Überlebenden, arbeiten trotz Mangelernährung bis zur völligen Erschöpfung. Davon sehen wir fast gar nichts in den Medien, dort konzentriert man sich eher auf den deutschen Schäferhund als Retter.»

Trotz des Zeitdrucks darf laut Mucke nicht versucht werden, den Haitianern einfach Hilfe von außen überzustülpen. Sie müssten in die Arbeiten und Planungen einbezogen werden. Im «Bündnis Entwicklung Hilft» sind die fünf deutschen Hilfswerke «Brot für die Welt», medico international, Misereor, «terre des hommes» und Deutsche Welthungerhilfe zusammengeschlossen.

Die zehn Mitgliedsorganisationen des Bündnisses «Aktion Deutschland Hilft» beginnen unterdessen mit ersten Planungen für den Wiederaufbau. Die erste Phase werde sich über mindestens drei Jahre erstrecken, sagte Geschäftsführerin Manuela Roßbach. Nach Angaben der Regierung muss die Millionenstadt Port-au-Prince zu drei Vierteln wiederaufgebaut werden.