Neue Kirchenbeauftragte der Union äußert Erwartungen an die Kirchen und sieht keinen Bedarf für einen Katholischen Arbeitskreis

Grundlagen und Leitplanken

Als letzte der Bundestagsfraktionen hat die Union am Dienstag ihre neue Kirchenbeauftragte ernannt. Maria Flachsbarth, katholische CDU-Abgeordnete aus Hannover und Mitglied des Kardinal-Höffner-Kreises, soll künftig diesen Themenbereich in den Blick nehmen. Im domradio-Interview spricht Flachsbarth über ihren Glauben, den Arbeitskreis engagierter Katholiken und die aktuelle Unions-Kritik der Kirche.

 (DR)

domradio: Was hat für Sie den Ausschlag gegeben, diese Aufgabe zu übernehmen?
Flachsbarth: Ich bin katholische Christin und eine Politikerin, die in ihrer Kirche zu Hause ist, die es wichtig findet, dass kirchliche Meinungen und Grundlagen mit in politische Entscheidungsfindungen einfließen. Meine Fraktion hat mich gebeten, diese Aufgabe zu übernehmen, darüber habe ich mich sehr gefreut, und deshalb habe ich natürlich auch sehr gerne ja gesagt.

domradio: Was sind für Sie die wichtigsten Herausforderungen im neuen Amt?
Flachsbarth: Es ist vor allen Dingen zunächst wichtig, viele Gespräche zu führen, Netzwerke zu nutzen, Persönlichkeiten und Meinungen kennenzulernen. Letztendlich möchte ich auch in der Fraktion die Gesprächsbasis verbreitern. Es gab schon einmal zu Zeiten meines Vorgänger Dr. Hermann Kues einen kirchenpolitischen Gesprächskreis, wo die Kolleginnen und Kollegen aus der Fraktion zu bestimmten Themen und Referenten eingeladen wurden. Das möchte ich wiederbeleben, um das Gespräch mit den Kirchen und Religionsgemeinschaften jetzt für die kommende Legislatur zu intensivieren.

domradio: Sie sind auch Mitglied des Kardinal-Höffner-Kreises, einem Zusammenschluss von christlichen Abgeordneten in der CDU/CSU- Bundestagsfraktion. Welche Rolle spielt denn ihre persönliche christliche Prägung bei ganz konkreten politischen Entscheidungen?
Flachsbarth: Das ist Grundlage für viele politische Entscheidungen. Insbesondere natürlich für diejenigen, die mit Leben und Tod zu tun haben, wo also ethische und moralische Überlegungen stark mit einfließen. Ich nenne da nur in der letzten Legislaturperiode z.B. die Überlegungen zur Patientenverfügung, zur Stammzellgesetzgebung und zur Fragestellung der Spätabtreibung, wo wir uns gerade als CDU/CSU-Fraktion sehr eingebracht haben. Aber auch bei Fragen, wie der nach Auslandseinsätzen der Bundeswehr, das sind natürlich alles Fragen wo gerade christliche Grundlagen eine große Bedeutung haben. Und ich will auch nicht verhehlen, dass ich von Haus aus Umweltpolitikerin aus Überzeugung und Begeisterung bin. Da ist die Frage der Bewahrung der Schöpfung eine ganz zentrale für mich.

domradio: Es gibt ja immer wieder Kritik seitens bestimmter Bischöfe, wie aktuell der Regensburger Bischof Müller, der der Union vorwirft, sie vernachlässige oft ihre Kernidentität. Wie wollen Sie als Kirchenbeauftragte mit solcher Kritik umgehen?
Flachsbarth: Die Kirchen können uns christlichen Politkern keine Blaupause an die Hand geben für die konkrete Beantwortung von Details in politischen Tagesfragen. Sondern, letztendlich geben sie uns Grundlagen und Leitplanken. Die politische Entscheidung selbst bleibt den Christinnen und Christen im Amt von Politikern vorbehalten. Wir müssen nach unserem Gewissen entscheiden. Aber wo die Kirchen darauf hinweisen können, ist natürlich, dass wir uns intensiv auseinandersetzen mit dem, was sie zu einzelnen Fragen zu sagen haben. Da gibt es ja durchaus abweichende Meinungen, je nachdem, ob sich die katholische oder evangelische Kirche oder andere Glaubensgemeinschaften äußern.

Also das ernsthafte Auseinandersetzen mit dem, was sie zu sagen haben, das ist gefordert. Und dann folgt die Gewissensbildung und letztendlich die Entscheidung, die wir als Politiker dann zu treffen haben, für die wir gewählt und durch die wir damit auch legitimiert sind. Für die wir letztendlich auch Verantwortung tragen müssen, vor dem, der uns in das Amt gestellt hat. Und das ist der Wähler aber auch Gott.

domradio: In der Union hat sich vor einigen Monaten ein Arbeitskreis engagierter Katholiken gegründet mit der Zielsetzung, das katholische Profil der Partei zu stärken. Doch dieser Kreis ist bei Unionspolitkern umstritten, ihr Vorgänger Kues z.B. sieht diesen Kreis eher kritisch. Können sich kirchentreue Katholiken nach wie vor in der Union heimisch fühlen?
Flachsbarth: Ja, natürlich können sie das! Ich glaube, dass ich eine kirchentreue Katholikin bin. Ich bin in meiner Kirche zu Hause, diese Kirche gehört zu mir, sie ist ein Stück meiner Identität, wie meine Familie. Ich fühle mich sehr wohl in der Union und habe mich auch in den letzten sieben oder acht Jahren, seit ich hier im Bundestag bin durchaus zu Hause und aufgehoben gefühlt. Und das auch mit meinen Meinungen hier in der Fraktion, die ich auf Grundlage meiner auch religiösen Überzeugungen eingebracht habe. Mir persönlich hat bislang nichts gefehlt, ich habe deshalb auch kein Bestreben gehabt, einer solchen Vereinigung beizutreten oder sie gar zu gründen. Ich freue mich aber natürlich als Kirchenpolitikerin über Jeden, der auf Grundlage christlicher Überzeugungen, auch katholischer Überzeugungen, seine Meinung hier in den Meinungswettstreit einbringt.

Als Unionspolitikerin will ich noch sagen, dass die Union gegründet worden ist ausdrücklich aus der Erfahrung heraus, dass es Christen nicht hilfreich ist, ihre politischen Meinungen durchzusetzen, wenn sie sich auf ihren konfessionellen Bereich zurückziehen. Es war ganz ausdrücklich der Wunsch derer, die auf den Trümmern des Naziregimes unser Deutschland auf neuen moralischen und bewusst christlichen Kategorien gegründet haben, dass man konfessionsübergreifend zusammenarbeitet. Ich glaube, das hat der Union, aber auch Deutschland und der politischen Kultur sehr gut getan. Daher sehe ich keinen Bedarf, da jetzt wieder mehr zu differenzieren.

Interview: Mathias Peter