Der Streit um verhüllte Gesichter in Frankreich geht weiter

Nicht mit der Burka in die Metro

Die Enquete-Kommission der französischen Nationalversammlung zur Burka hat ihren mit Spannung erwarteten Bericht vorgelegt. Die Abgeordneten plädierten am Dienstag für ein Verbot des den ganzen Körper verhüllenden Kleidungsstücks in allen Bereichen öffentlicher Dienstleistungen - vom Personenverkehr über Post bis hin zu Krankenhäusern und Schulen.

Autor/in:
Christoph Lennert
 (DR)

Wer die Burka trägt, würde somit nicht mit einer Geldbuße belegt, sondern hätte die Konsequenzen dadurch zu tragen, dass die gewünschte Dienstleistung nicht möglich ist.

Ziel sei, die Burka aus dem öffentlichen Leben in Frankreich verschwinden zu lassen, machte der Präsident der Nationalversammlung, Bernard Accoyer, bei der Vorstellung des Berichts deutlich. Der seit langem andauernde französische Streit, wie das am Besten zu bewerkstelligen sei, hat mit dem Bericht aber noch lange nicht seinen Abschluss gefunden. Womöglich muss erst einmal der Verfassungsrat prüfen, welche Gesetzeswege gangbar wären, ohne mit Menschenrechtsverpflichtungen Frankreichs zu kollidieren.

Bis dahin aber, so die Empfehlung der Enquete-Kommission, solle zunächst einmal das Parlament feierlich bekunden, dass die Burka nicht willkommen ist. Zudem soll den Burka-Trägerinnen das Leben schwer gemacht werden, ebenso denen, die Frauen dazu zwingen, das Kleidungsstück zu tragen.

Die Meinungen sind bis in die Regierung hinein geteilt
Knapp 2.000 Burka-Trägerinnen soll es in Frankreich geben. Eine von ihnen wurde von der Enquete-Kommission auch angehört - zwar mit unverhülltem Gesicht, dafür aber hinter verschlossenen Türen. Kaum eine Zeitung, die nicht einen Bericht über "Mein Leben unter der Burka" verbreitete. Und der Fraktionsvorsitzende der Regierungspartei UMP, Jean-Francois Cope, diskutierte gar mit einer Burka-Trägerin im Fernsehen. Cope schwebt vor, das Tragen der Burka in der Öffentlichkeit mit 750 Euro Geldbuße zu belegen. Diejenigen, die eine Frau zum Burka-Tragen verpflichteten, sollten noch höher bestraft werden können.

Darüber sind die Meinungen bis in die Regierung hinein geteilt. Zuletzt äußerte selbst Justizministerin Michele Alliot-Marie Zweifel. Ihre Vorgängerin Rachida Dati bekundete dagegen Sympathien für ein gesetzliches Burka-Verbot. Staatspräsident Nicolas Sarkozy ist für ein Gesetz. Er hatte schon Ende Juni 2009 erklärt: "Die Burka ist auf dem Gebiet Frankreichs nicht willkommen."

Was wohl in jedem Fall kommt, ist eine Parlamentarische Entschließung, in der Frankreichs Abgeordnete feierlich ihre Ablehnung der Burka zum Ausdruck bringen. Das wäre ein Dokument, das keinen rechtsverbindlichen Charakter hat. Denn Juristen macht Sorge, dass ein Gesetz zu einem einzelnen Tatbestand den Rechtsprinzipien widersprechen könnte - ähnlich dem jüngst per Volksentscheid in der Schweizer Verfassung verankerten Minarettverbot.

Katholische Bischöfe lehnen Verbotsidee ab
Der einflussreiche, die liberalen Strömungen des Islam in Frankreich repräsentierende Rektor der Pariser Moschee, Dalil Boubakeur, wies darauf hin, dass die Burka nicht vom Islam vorgeschrieben werde.
Allerdings schränke ein gesetzliches Verbot die individuellen Freiheiten unzulässig ein. Einer Parlamentarischen Entschließung steht Boubakeur ebenso offen gegenüber wie einer Verpflichtung, in Schulen, Krankenhäusern oder Verwaltungen sein Gesicht zu zeigen. Auch mehrere katholische Bischöfe lehnten die Verbotsidee ab.

Die Auseinandersetzung um die Burka folgt sechs Jahre, nachdem in Frankreich ein Verbot des islamischen Kopftuchs in den Schulen des Landes in Kraft getreten ist. 2004 untersagten die Abgeordneten indes nicht ein einzelnes Kleidungsstück, sondern jegliche auffälligen religiösen Symbole, also etwa auch große Kreuze oder die jüdische Kipa.

Die Enquete-Kommission legt auch den Finger auf seitherige
Versäumnisse: Vor dem Kopftuch-Verbot hatte eine Parlamentarier-Kommission Empfehlungen abgegeben, wie die Integration von Muslimen verbessert werden könne. Vieles davon sei noch immer unerledigt, erinnerten die Parlamentarier jetzt. Womöglich könne die Burka-Debatte dazu beitragen, die Dinge zu beschleunigen, sagte der Vorsitzende der Enquete-Kommission, Andre Gerin, am Dienstag in Paris.