Spenden für Haiti - aber welcher Organisation?

"Das Heft in der Hand behalten"

Nach dem Erdbeben in Haiti zeigt sich auch Deutschland hilfsbereit: Bereits mehr als 15 Millionen Euro spendeten die Bundesbürger bislang. Viele fragen sich aber noch immer, wem sie ihr Geld geben sollen. Im domradio-Interview gibt Burkhard Wilke vom Deutschen Zentralinstitut für soziale Fragen Tipps für die Entscheidungsfindung.

 (DR)

domradio: Was raten sie jemandem, der jetzt gerne spenden möchte, aber überhaupt keine Anhaltspunkte hat?
Wilke: Zur Befürchtung, dass das Geld nicht ankommt: Da ist das wirksamste Gegenrezept, dass man die Auswahl bewusst trifft und dass man das Heft der Entscheidung selbst in der Hand behält, also nicht darauf wartet, dass man selbst in der Fußgängerzone überraschend angesprochen wird, sondern dass man sich aktiv Organisationen aussucht. Da gibt es zum einen das DZI-Spendensiegel. Organisationen ohne das Siegel müssen nicht unbedingt unseriös sein. Und ihre Seriosität kann man auf eigene Faust überprüfen.

domradio: Viele Organisationen haben sich jetzt zusammen geschlossen: Da haben wir die "Aktion Deutschland hilft" und das "Bündnis Entwicklung hilft" - was steckt dahinter?
Wilke: Der gemeinnützige Sektor ist enorm vielfältig. Alleine in Deutschland gibt es rund 600.000 gemeinnützige Vereine, rund 15.000 Stiftungen. Schätzungsweise 2.000 bis 3.000 sammeln regelmäßig aktiv bundesweit Spenden. Diese Landschaft ist offenbar zu vielfältig, als dass man das alles in ein Bündnis packen könnte. Die Organisationen, die sich in den Bündnissen zusammengeschlossen haben, geben damit auch nicht ihre Selbständigkeit auf, sondern sagen nur: zu bestimmten Katastrophen wollen wir die Vielfalt der Spendenkonten etwas reduzieren, um die Übersicht zu erhöhen. Die Profile der Bündnisse sind außerdem durchaus unterschiedlich.

domradio: Viele Spender wüssten aber gerne, was konkret mit ihrem Geld passiert - was raten sie denen?
Wilke: Man darf von den Organisationen Transparenz verlangen. Aber man kann nicht die Echtzeit-Verfolgung der Spende verlangen, das würde die Organisation unter einen zu großen Informationsdruck setzen. Wenn ich für Haiti spenden möchte, gebe ich die Zweckbindung Haiti an. Das ist auch das, was die Organisationen anbieten. Dann sollte man aber es auch ihnen überlassen, wie sie konkret das Geld verwenden.

domradio: Bei solchen Katastrophen lassen auch die schwarzen Schafe nicht lange auf sich warten - gibt es schon Trittbrettfahrer und wie kann ich die erkennen?
Wilke: Wir haben bisher noch keine konkreten Namen feststellen können. Aber wie bei anderen Spendenaktionen gilt auch hier: Wenn die Spendenwerbung sehr, sehr emotional ist, aber kaum sachliche Informationen enthält, ist das verdächtig.

Das Gespräch führte Ina Rottscheidt.