Obamas schwerer Kampf um die Gesundheitsreform

Ewiger Optimist

US-Präsident Barack Obama wirbt für Kompromisse. Denn seine Pläne für eine Gesundheitsreform stecken fest: Die regierenden Demokraten liegen mit den oppositionellen Republikanern im Clinch. Und auch unter den Demokraten selbst gibt es zwischen Abgeordneten und Senatoren Differenzen. In dieser Situation beschwört Obama das Wohl der Nation, hinter dem Parteitaktiken zurückstehen müssten.

Autor/in:
Konrad Ege
 (DR)

Bisher waren die Republikaner auf Totalopposition eingestellt. Ein Senator äußerte im vergangenen Jahr gar die Hoffnung, Obama werde sein «Waterloo» erleben. Nun begegnet die Opposition den Versöhnungsappellen des Präsidenten zurückhaltend. So argwöhnt der republikanische Senator Judd Gregg, Obamas Vorschlag eines Gipfeltreffens zwischen beiden Parteien sei vielleicht nur «politisches Theater».

Auch manche Demokraten haben anscheinend Zweifel an Obamas Verlangen nach überparteilicher Zusammenarbeit. Die republikanischen Vorlagen seien so fadenscheinig wie die Nachthemden vom Krankenhaus, schimpft etwa der demokratische Abgeordnete Lloyd Doggett.
Neue Machtverhältnisse im Senat
Der Zug namens Gesundheitsreform steht seit Dezember still. Am Tag vor Weihnachten hat der Senat für einen Reformentwurf gestimmt, nachdem Wochen vorher das Repräsentantenhaus ein Paket bewilligt hatte. Der Initiative zufolge müssten alle Bürger eine Krankenversicherung abschließen. Die Reform soll Einkommensschwachen helfen, die Diskriminierung von Kranken abstellen und die Kosten im Rahmen halten. Doch die Entwürfe in den beiden Kammern unterscheiden sich in mehreren Punkten, besonders bei der Finanzierung: Will man die obersten Einkommensgruppen besteuern oder die teuersten Policen?

Nach dem Sieg eines Republikaners bei der Nachwahl eines Senators im Bundesstaat Massachusetts am 19. Januar sind die Demokraten auf die Republikaner angewiesen. Die Regierungspartei verlor ihre strategische Mehrheit von 60 Stimmen im Senat, die nötig ist, um Blockadetaktiken der Opposition zu verhindern. Die Republikaner haben ihre Muskeln gezeigt.

Umso mehr will Präsident Obama die skeptischen Wähler überzeugen, dass Untätigkeit im Bereich Gesundheit schlimme Konsequenzen habe. Im Fernsehsender CBS führte er das Beispiel der kalifornischen Versicherungsfirma «Anthem Blue Cross» an, die ihre Prämien 2010 um bis zu 39 Prozent erhöhen wolle.

Gesundheitsministerin Kathleen Sibelius verlangte darüber Auskunft. Die neuen Prämien seien außerordentlich, besonders angesichts der hohen Profite von Anthems Mutterkonzern WellPoint, dem zweitgrößten US-Versicherungsunternehmen.

Neuen Daten des Ministeriums zufolge sind die US-Gesundheitsausgaben 2009 um 5,7 Prozent gestiegen. Das ist mehr als das Doppelte der allgemeine Teuerung in den USA. Die Inflationsrate lag bei 2,7 Prozent. Die Forschungsgruppe «Commonwealth Fund» warnte, die Versicherungsprämien für eine Familie in den USA, die 2008 im Schnitt 12.300 US-Dollar betrugen, würden bei derzeitigem Trend bis 2020 auf das Doppelte steigen.

46 Millionen ohne Versicherung
Rund 46 Millionen Amerikaner sind nicht krankenversichert. Die demokratischen Reformpakete würden nach Regierungsangaben 30 Millionen zu einer Versicherung verhelfen. Republikaner kritisieren, der demokratische Plan gebe der Regierung zu viel Einfluss auf den Versicherungsmarkt. Sie hinterfragen auch den Zwang, sich gegen Krankheit abzusichern. In mehreren Bundesstaaten haben Republikaner Gesetze vorgelegt, dass bei ihnen eine Versicherungspflicht keine Geltung haben werde.

Eine Minderheit der Demokraten will die Gesundheitsreform ohne die Republikaner realisieren. Die demokratische Mehrheit im Repräsentantenhaus solle einfach dem Senatsentwurf zustimmen, dann wäre keine neue Abstimmung im Senat nötig, argumentieren sie. Nach Ansicht der Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, gibt es dafür aber derzeit nicht genug Stimmen.

Auch Obama lehnt diese Strategie offenbar ab. Er sei ein «ewiger Optimist», sagte der Präsident. Er sei für alle Ideen offen, die ihn seinen Zielen näher brächten: Gesundheitskosten zu senken und möglichst viele Nicht-Versicherte zu versichern.