Spitzenvertreter von CDU und Kirchen treffen sich in Berlin

Wie wenn man unter Freunden ringt

Als "herzlich und freundschaftlich" beschreibt Karl Jüsten das Treffen von Spitzenvertretern der beiden großen Kirchen und der Union am Donnerstagabend. Dabei seien auch strittige Themen wie Afghanistan und der katholische Arbeitskreis besprochen worden. Erzbischof Zollitsch habe hier betont, dass die Bischofskonferenz nach wie vor der erste Ansprechpartner für die Partei sei, so der Leiter des Katholischen Büros in Berlin im domradio-Interview.

"Käßmann und Zollitsch wurden sehr warmherzig empfangen" (KNA)
"Käßmann und Zollitsch wurden sehr warmherzig empfangen" / ( KNA )

domradio: Haben die Auseinandersetzungen um den gegenwärtigen Kurs der CDU, der insbesondere bei konservativen Katholiken kritisiert wird, ihren Niederschlag gefunden?
Jüsten: Es ging um die Grundssatzfrage: Wie soll sich eine Partei, die sich christlich nennt, ausrichten? Wenn sich eine Partei christlich ausrichtet, dann ist sie ja nicht im eigentlichen Sinne konservativ. Als Katholische Kirche zum Beispiel vertreten wir in der Migrationspolitik einen sehr fortschrittlichen Kurs, das gilt auch für die Bereiche Familienpolitik und Lebensschutz. Von daher sind diese Begriffspaare falsch. Das macht es auch für die Union so schwierig, weil in der Partei selber einige tatsächlich konservative Positionen fordern, und das wird dann mit katholisch identifiziert. Diese Problematik wurde unter anderem auch diskutiert.

domradio: Gab es konkrete Forderungen zur Position der CDU?
Jüsten: Das Gespräch war nicht daraufhin ausgerichtet, in die Tagespolitik hineinzusprechen. Es wurde unter anderem auch die Steuerpolitik angesprochen, und da die Frage, ob das, was im Koalitionsvertrag steht, tatsächlich auch sozial ausgewogen ist und ob denn auch mögliche Auswirkungen auf die Kirchensteuer berücksichtigt wurden. Dann wurde das Thema Kinderarmut thematisiert. Insofern gab es auch aktuelle Bezüge, aber es wurden keine konkreten Gesetzesvorhaben diskutiert.

domradio: Um welche Themen ging es?
Jüsten: Es ging um die inneren Zusammenhalt. Erzbischof Zollitsch hat noch mal deutlich gemacht, dass eine Rückbesinnung auf die Grundwerte wichtig ist, und dass vor allen Dingen von dem Wert Solidarität aus: wenn wir den neu deklinieren, werden durchaus doch auch richtige Antworten auf die aktuellen Herausforderungen gestellt. Es ging um die Frage, wie nachhaltig Politik ist. Und die Problematik der hohen Verschuldung in unserem Land. Es ging um Grundsatzfragen, die aber doch sehr aktuell sind.

domradio: Gab es mehr Gemeinsamkeiten oder Unterschiede in den Positionen der Kirchen?
Jüsten: Da gab es eigentlich keine großen Differenzen. In der Afghanistandebatte hatte Frau Käßmann noch mal ihre Position verdeutlicht, da zeigte sich der Erzbischof Zollitsch eher etwas nachdenklich. Nicht in dem Sinne, dass wir die einzig richtige  Lösung bereits kennen, sondern eher Kriterien aufweisend, die wir als Christen formulieren, um eine solch schwierige Entscheidung dann auch treffen zu können, wie wir mit Afghanistan weiter verbleiben.

domradio: Wie wird der neue katholische Arbeitskreis in der Union bewertet?
Jüsten: Der Erzbischof hat der Union gesagt, dass es eher eine Entscheidung der Partei ist, welche Arbeitskreise sie gründet oder nicht. Die Bischofskonferenz ist nach wie vor der Ansprechpartner für die Partei, wenn sie offiziell mit der Katholischen Kirche sprechen möchte. Das hat er der Partei noch mal deutlich gemacht. Das wurde dann auch so zur Kenntnis genommen. Allerdings war man auch etwas erschrocken über die Ausführungen eines Protagonisten dieses Kreises hinsichtlich persönlicher Diffamierungen der Bundeskanzlerin, das sind Worte, die würde ein Vorsitzender der Bischofskonferenz so nie wählen.

domradio: Wie würden Sie die Atmosphäre des Gesprächs beschreiben?
Jüsten: Die war sehr herzlich und freundschaftlich. Frau Käßmann wurde genau wie Erzbischof Zollitsch sehr warmherzig empfangen. Die Gespräche wurden in einer sehr offenen und ehrlichen Atmosphäre geführt. Da wurde auch mal das eine oder andere genannt, an dem man sich möglicherweise auch mal aneinander reibt. Aber ohne Spannung oder Krach. Eher so, wie wenn man unter Freunden ringt, wenn es um die richtigen Ziele geht.

Das Gespräch führte Heike Sicconi.