Bischof Ackermann berichtet aus Israel

"Keine substantiellen Fortschritte"

Vertreter europäischer und nordamerikanischer Bischofskonferenzen haben sich in dieser Woche in Israel und in den Palästinensergebieten über die aktuelle Situation der Christen im Heiligen Land informiert. Der Besuch stand auch vor dem Hintergrund der für Oktober geplanten Nahostsynode. Aus Deutschland reiste der Trierer Bischof Stephan Ackermann mit. Über seine Erlebnisse spricht er im domradio-Interview.

 (DR)

domradio: Was ist denn aus dem Appell des Papstes vom vergangen Jahr geworden?
Ackermann: Für die Pilger, die aus dem Ausland kommen, ist das keine schwierige Frage, wir haben freien Zugang. Schwieriger ist das für die Palästinenser. Wir haben vom Patriarchen gehört, dass man diesmal zum Weihnachtsfest die Zahl der Visa für Bethlehem erhöht hat von 300 auf 420, aber das sind natürlich nur ganz kleine Schritte und Erfolge. Das muss man deutlich sehen. Viel schwieriger ist im alltäglichen Lebensvollzug für die Palästinenser, dass die Mobilität sehr eingeschränkt ist, wenn es darum geht, zum Arbeitsplatz zu kommen. Dass durch die Beschränkungen Familien auseinandergerissen werden. Da kann man keine substantiellen Fortschritte sehen.

domradio: Die doch drastischen Einschränkungen von israelischer Seite sind sicherlich auch ein Beitrag zur Sicherheit des Staates. Auf der anderen Seite gibt es da das Problem der Siedlungspolitik und der Sperrzäune und -mauern. Wie wirkt sich das auf die christlichen Bewohner des Heiligen Landes aus?
Ackermann: Die christlichen Bewohner sind in einer besonders schwierigen Situation, faktisch als doppelte Minderheiten. Christ und Palästinenser zu sein ist doppelt schwierig. Wir haben gesehen, dass ein ganz großes Problem die immer größere Distanz zwischen den Bevölkerungsgruppen ist. Dass man im Grunde sich nicht mehr begegnet. Es gibt Israelis, die leben in Tel Aviv ohne je einem Palästinenser zu begegnen. Diese wachsende Entfremdung macht es immer schwieriger, auch den Prozess an dieser Stelle weiterzubringen.

domradio: Während ihres Aufenthalts war auch ein Austausch mit politischen Vertretern von israelischer und palästinensischer Seite vorgesehen. War da denn zu erkennen, dass es einen Wunsch nach Frieden gibt?
Ackermann: Das ist die Frage: Ist Wunsch nicht klar erkennbar? Alle wissen, dass sie in der aktuellen Situation nicht leben können. Auch der Patriarch hat uns noch einmal bestätigt, selbst wenn Israel auch in der Siedlungspolitik der Gewinner bleiben sollte, kann dies keine Lösung auf Dauer sein. Die kleinen Erfolge in Sachen Mobiliät, Arbeitserlaubnisse und Möglichkeiten zum Wohnungsbau, sind aufs Ganze gesehen nur ganz kleine Erfolge. Das große Ziel ist ja der Friede und da ist die große Frage, ob der Wille deutlich erkennbar ist.

domradio: Nach dieser Reise möchte Ihre Delegation eine Stellungnahme veröffentlichen. Was wird darin stehen?
Ackermann: Für die Christen in unseren Ländern wollen wir noch einmal deutlich machen, dass wir wirklich die Situation hier verfolgen und dafür sorgen, dass die Pilger ins Land kommen. Für uns gibt es ja keine Einschränkungen. Wichtig ist  aber, dass man eben nicht nur eine Pilgerreise im eigentlichen Sinne macht zu den Pilgerstätten. Sondern auch Kontakt zu suchen, da gibt es ja vielfältige Möglichkeiten, z.B. über den Deutschen Verein vom Heiligen Land, damit man mit Christen hier vor Ort Kontakt hat und über die Zustände etwas erfährt. Es gibt viele Dinge, die wir über unsere Medien nicht erfahren.