Martin Lohmann zur parteiinternen Merkelkritik

"Wer zu weit nach links fischt, kann leicht aus dem Boot fallen"

Der Druck auf die Kanzlerin wächst. Mehrere CDU-Politiker kritisierten am Wochenende in einem Protestbrief Merkels Führung. Im domradio-Interview erläutert Martin Lohmann, warum er den Brief nicht unterschrieben hat, die Beweggründe der Unterzeichner aber nachvollziehen kann.

 (DR)

domradio: Den Protestbrief haben CDU-Politiker aus Hessen, Sachsen, Thüringen und Brandenburg geschrieben. Hätten Sie den Brief so unterschrieben?
Lohmann: Also dieser Brief ist sehr verständlich, und er ist auch eigentlich nicht überraschend. Wir haben natürlich auch schon Kritisches gesagt zu Angela Merkel, das war eine Phase der kritisch-konstruktiven Konfrontation. Wir sind jetzt aber als Arbeitskreis engagierter Katholiken in der Phase der Kommunikation, aus der dann sehr bald eine sehr spürbare und deutlich erkennbare Phase auch der Kooperation wird. Ich kann jedenfalls die Kritik gut verstehen, aber es war jetzt nicht meine Aufgabe, einen solchen Brief mit zu unterschreiben. Wir als Arbeitskreis gehen einen klaren Weg und wollen die Partei wieder an das "C" erinnern.

domradio: Der Chef der Unions-Mittelstandsvereinigung, Josef Schlarmann, hat gesagt, in Merkels CDU erkenne er die Partei nicht wieder, "die in Bonn die Regierung gestellt hat". Merkel sei nach links gerutscht und nenne das Modernisierung. Sehen Sie das auch so?
Lohmann: Das sehen jedenfalls viele Menschen in Deutschland so, und deshalb hat ja die Union auch gerade bei den katholischen Wählern überdurchschnittlich viele Stimmen verloren. Sie erreicht einige Millionen Wähler weniger als noch vor wenigen Jahren. Und unter diesen ist die größte Gruppe die der katholischen Wähler. Es gibt offensichtlich wirklich das berechtigte Gefühl, dass Angela Merkel diese Partei vielleicht zu sehr nach links ausdehnen möchte. Ich weiß gar nicht, ob sie die gesamte Partei nach links verschieben kann, aber ich sage gerne, `wer zu weit nach links fischt, der kann auch leicht aus dem Boot fallen`. Das wird auch Angela Merkel wissen.

Die CDU muss eine Partei der Mitte sein. Deshalb gehört zu ihr ganz klar die Verankerung in den liberal-christlichen Werten, die sind wichtig, aber in den letzten Jahren und Monaten zu wenig erkennbar gewesen. Darum geht es.

domradio: Sie stehen dafür ein, dass das "C" der CDU wieder an Bedeutung gewinnt. Welche Aspekte gehören Ihrer Ansicht nach dazu?
Lohmann: Katholische Christen in der Union haben unglaublich viel zu sagen, haben sehr viele Ideen, die aus dem "C" heraus kommen. Z.B. eine ideologiefreie, wirklich nach vorne gerichtete Familienpolitik. Und die Sicherheitspolitik, Generationengerechtigkeit, die Fragen der Außenpolitik und der europäischen Verankerung in einer christlichen Verwurzelung, sprich den Gottesbezug in Europa.

Wir sprechen für einen klaren Patriotismus, mit einer europäischen Weite, weil wir als katholische Christen niemals nur national eng denken. Und die Fragen des Lebensschutzes, der Bioethik, da haben Christen sehr viel zu sagen. Das "C" ist eine unglaublich starke, motivierende, herausfordernde Verpflichtung. Dieses "C" steht den Unionsparteien zu, sie haben es sich auf die Fahnen geschrieben. Deshalb haben sie eine besondere Chance, einen Mehrwert zu haben gegenüber anderen Parteien, den sie nicht verspielen dürfen. Wir als Arbeitskreis wollen, dass die Parteibasis breit ist, und dass das katholische Element ganz klar erkennbar wird, nur dann hat die Volkspartei noch eine Chance, irgendwann wieder mehr Teile des Volkes zu erreichen. Den größten Teil unseres Volkes in Deutschland stellen die Christen, diese sollten eine politische Heimat haben können, wo sie das Christliche auch erkennen dürfen.