Bundesweit schon mindestens zehn Obdachlose erfroren

Ohne Schutz vor der Kälte

Die winterliche Witterung mit frostigen Temperaturen hat bisher bundesweit neun Kälteopfer unter wohnungslosen Menschen gefordert. Die obdachlosen, meist älteren Männer seien in den letzten Tagen beim Schlafen im Freien, unter Brücken, in Hauseingängen, Abrisshäusern und in scheinbar sicheren Gartenlauben erfroren, teilte die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAGW) am Donnerstag mit.

 (DR)

Die hohe Zahl der Älteren unter den Kälteopfern sei auf ihren allgemein schlechten Gesundheitszustand als Folge des Lebens "auf Platte" zurückzuführen. «Leider müssen wir davon ausgehen, dass noch weitere Wohnungslose die kalten Tage nicht überlebt haben», erklärte BAGW-Geschäftsführer Thomas Specht. Die Toten seien vor allem in Klein- und Mittelstädten zu beklagen. Während in vielen Großstädten inzwischen das Hilfeangebot durch Winternotprogramme mit Kältebussen verbessert wurde, sei es im ländlichen Raum sowie in kleinen Städten immer noch unzureichend. Oft sei überhaupt kein Hilfeangebot vorhanden oder der Aufenthalt im Obdachlosenasyl werde rechtswidrig befristet, kritisierte Specht.

Viele kommunale Einrichtungen würden zudem von den Obdachlosen nicht angenommen, weil die Quartiere mit großen Mehrbettzimmern ausgestattet seien. Sie fühlten sich in den «Massenunterkünften» nicht sicher vor Gewalt, Diebstahl und Schmutz. Viele Wohnungslose blieben auch in der Kälte draußen, wenn sie ihren Hund nicht mitbringen dürften. Darüber hinaus gebe es zu wenig Unterbringungsmöglichkeiten für Paare.

Gefordert sei ein deutschlandweit enges Netz an warmen Tag- und Nachtunterkünften für jeweils nur eine kleinere Zahl von Wohnungslosen, die mit Einzelzimmern Sicherheit und ein Maß an Privatheit bieten könnten. Außerdem sollten die Asyle dem hygienischen Mindeststandard entsprechen und mit flexiblen Öffnungszeiten ausgestattet sein. «Wenn Asyle und Notunterbringungen auch bei Minustemperaturen leer stehen, heißt das nicht, es gibt keinen Bedarf, es ist vielmehr ein Armutszeugnis», kritisierte Specht. «Einrichtungsbetreiber und Kommunen müssen endlich das Recht der Wohnungslosen auf Individualität und Selbstbestimmung akzeptieren.»

Schleswig-Holsteins Diakonie-Sprecher Michael van Bürk sagte dem epd, einige obdachlose Männer und Frauen würde ständige Unterkünfte mit warmen und trockenen Schlafplätzen sowie regelmäßiger Verpflegung meiden. Sie lebten seit vielen Jahren auf der Straße und seien zu Einzelgängern geworden. In die meisten Unterkünfte dürften zudem keine Tiere mitgebracht werden. Oft sei aber ein Hund ein wichtiger emotionaler Bezug für einen obdachlosen Menschen.

Die Gesamtzahl der wohnungslos gewordenen Menschen in Deutschland ist nach einer aktuellen Schätzung der BAG von 2007 auf 2008 um sechs Prozent auf 227.000 gesunken. Die Zahl der Menschen, die ohne Unterkunft auf der Straße lebten, seien im gleichen Zeitraum aber lediglich von 21.000 auf 20.000 zurückgegangen.