Kunstpater Friedhelm Mennekes über Kunst und Kirche in den USA

"Selbstbewusst in der Krise"

USA und wieder zurück: Ein Wintersemester lang unterrichtete Friedhelm Mennekes am "College of the Holy Cross" in Worcester. Im domradio-Interview spricht der der Jesuitenpater und Kunstprofessor über die katholische US-Kirche zwischen Missbrauchskrise und Schweinegrippewahn und die Rolle zeitgenössischer Kunst.

 (DR)

domradio: Zeitgenössische Kunst in Kirchen in Deutschland ist immer noch ein heißes Eisen - auch in den USA?
Mennekes: Ja, vielleicht sind wir in den USA noch gar nicht so weit. Da ist es noch nicht mal ein heißes Eisen. Insgesamt muss man ja sagen, dass sich die Kirchenausstattung in den USA noch im dumpfen Schlaf befindet. Neue Kirchen gibt es kaum. Und wenn, dann ist es der übliche Durchschnitt und doch irgendwie der Versuch, es den Europäern des 19. Jahrhunderts nachzutun.

domradio: Jetzt haben Sie aber genau dieses Thema Studenten in den USA nahe gebracht. Welche Fragen haben die ihnen gestellt?
Mennekes: Zunächst einmal glaube ich, dass vor allen Dingen in der Kunstabteilung des Colleges, an dem ich war, die Studenten bis dahin kaum mit gegenwärtiger Kunst beschäftigt waren. Da dominiert auf der einen Seite sehr stark die Kunstgeschichte. Auf der anderen Seite aber sind die Begeisterung und die Entschiedenheit zu lernen dort wesentlich größer, als ich das hier an den Universitäten entdeckt habe.

domradio: Sie waren an einer Jesuiten-Hochschule und haben dort am katholischen Leben teilgenommen. Ist das anders, als wir es hier in Deutschland gewohnt sind?
Mennekes: Gottesdienste sind in den USA wesentlich formaler. Das andere Problem ist: Im College "Holy Cross" - einem der führenden in den USA - gibt es wirklich eine wunderbare Kirche. Auf der anderen Seite wird dieses Gotteshaus kaum genutzt. Denn sie haben eine "Unterkirche", und dort dominiert sehr stark ein wirklich ungeordnetes Dunkel.
Auf der anderen Seite gibt es eine Atmosphäre des "Happy Clappy", also die genannte kitschige moderne Musik, Schwung und feurigere Predigten und auch liturgische Elemente. Das Ganze wurde jetzt aber von der Schweinegrippe dominiert. Da wurde das Begrüßen nicht mehr per Handschlag gemacht, der Friedensgruß nicht mehr durch körperliche Berührung zelebriert, es gab keinen Kelch mehr, Priester und Kommunionsausteiler mussten sich vor der Gemeinde die Hände desinfizieren. Typischer amerikanischer Reinlichkeitswahn.

domradio: Die Katholische Kirche in den USA ist ja keine Mehrheitskirche und muss sich gegenüber anderen Kirchen bewähren. Spürt man das?
Mennekes: Auf der einen Seite, würde ich sagen, ist das Katholische durchaus selbstbewusst und tritt auch entsprechend auf. Aber auf der anderen Seite ist die Kirche wahnsinnig gelähmt durch die Sexualskandale, die regelmäßig wieder aufkommen. Das lähmt das gesamte katholische Leben - von den Bischöfen bis zum Alltag in den Gemeinden.

domradio: Sind Sie froh, wieder zurück in Deutschland zu sein?
Mennekes: Ja, natürlich, ich bin immer gerne in den USA gewesen, es war aber nie das Land, in dem ich leben möchte. Es ist ein hochinteressantes Land, auch weil in der Kunst viel aufbricht, seltsamerweise. Aber ich war immer gerne hier. Europa ist in vieler Hinsicht ehrlicher und offener.