Burkhard Wilke vom Deutschen Zentralinstitut für soziale Fragen gibt Tipps für erfolgreiches Spenden

"Emotionaler Druck ist unseriös"

Im vergangenen Jahr spendeten 25 Millionen Deutsche rund drei Milliarden Euro an gemeinnützige Organisationen. Gerade zur Weihnachtszeit wollen viele Menschen Geld für Gutes geben und fragen sich, an wen. Eine Orientierung ist das Spendensiegel Deutschen Zentralinstituts für soziale Fragen. Aber auch Organisationen ohne das Zertifikat verdienen Hilfe, sagt DZI-Geschäftsführer Burkhard Wilke im domradio-Interview. Hier heißt es nur: noch genauer hinschauen.

 (DR)

domradio: Ist bei Sammlern mit Dose auf der Straße grundsätzlich Vorsicht geboten?
Wilke: Ja, grundsätzlich deshalb, weil es mittlerweile in 11 Bundesländern keine Sammlungsgesetze mehr gibt. Früher konnte man sagen, dass ein Sammler auf der Straße eine Sammlungsgenehmigung des Ordnungsamtes bei sich haben musste; das hat dann auch darauf geachtet, dass die Dose verplombt ist und nur mit dem Vier-Augen-Prinzip geöffnet wird. Diese Sicherheit fehlt jetzt, d.h. im Prinzip kann sich dort jeder auf die Straße stellen. Deswegen ist nicht jeder unseriös, der dort sammelt. Aber die Unseriösen haben gerade in diesen 11 Bundesländern sehr stark zugenommen - und dazu gehört auch Nordrhein-Westfalen.

domradio: Wenn ich spenden will - wie soll ich vorgehen?
Wilke: Ich sollte zunächst einmal das grundsätzliche Vertrauen haben und wissen, dass die weitaus meisten Organisationen seriös sind. Es ist also nicht die Suche nach der Nadel im Heuhaufen, wenn ich nach einer seriösen Organisation suche, sondern das ist die große Mehrzahl. Wenn ich ein paar Faustregeln beachte, dann kann ich das Risiko sehr stark minimieren. Eine Faustregel ist, dass ich darauf achte, wie ich angesprochen werde. Sehr häufig durch einen Spendenbrief in der Vorweihnachtszeit, oder auch auf der Straße. Je emotionaler die Spendenwerbung ist, wenn in Briefen stark Mitleid erregende Fotos verwendet sind, wenn Beigaben dabei sind, die in mir schon ein schlechtes Gewissen beim Öffnen des Umschlages erzeugen - diese Art von emotionalem Druck ist unseriös. Das Gute ist umgekehrt: Vielleicht aus Anlass eines solchen Briefes kann ich die Entscheidung selber angehen. Unser Spendensiegel kann dabei Orientierung sein.

domradio: Welche Kriterien gelten beim DZI-Spendensiegel?
Wilke: Einmal bedeutet es, dass eine Organisation freiwillig diesen ersten Schritt gemacht hat. Denn die Initiative zur Überprüfung geht von den Organisationen aus. Und dann prüfen unsere wissenschaftlichen Mitarbeiter, ob zum einen die Spendenwerbung sachlich ist. Zum anderen prüfen wir die Finanzen und die Entscheidungs- und Kontrollstrukturen. Man kann nicht jedem Euro hinterher reisen. Umso wichtiger ist es, dass man bei der Überprüfung darauf achtet, dass die Entscheidungswege transparent sind, dass die Organisation über ausreichende Kompetenz verfügt, um das, was sie sich vorgenommen hat, auch zu leisten. Und dass die Entscheidungsgremien, wie Vorstand oder Geschäftsführung, auch angemessen kontrolliert werden, damit hier keine Diktatur herrscht.

domradio: Ist, wer kein Siegel hat, unseriös?
Wilke: Nein, das stimmt nicht. Aber das Spendensiegel gibt eine besondere Sicherheit. Wer das Siegel nicht hat, dort sollten die Spender genauer hinschauen. Bei den lokal Sammelnden im eigenen Umfeld können die Spender das oft aufgrund eigener Anschauung und Information selbst einschätzen. Und bei überregional Sammelnden ist der Blick auf die Gestaltung des Werbematerials und den Internetauftritt wichtig.

domradio: Was ist besser: eine Geld- oder Sachspende?
Wilke: In der Regel die Geldspende, weil sie flexibler und damit auch kostengünstiger eingesetzt werden kann. Eine Sachspende macht dann Sinn, wenn eine seriöse Organisation in einer bestimmten Situation ganz gezielt dazu aufruft, etwa eine soziale Initiative in einem Stadtteil, die Altkleider braucht. Je kürzer die Wege, umso besser.

Das Gespräch führte Stephanie Gebert.