Brot für die Welt bewertet Kopenhagener Klimagipfel als gescheitert

"Ein beispielloses Fiasko"

Der Weltklimagipfel in Kopenhagen steht vor dem Scheitern. Bis Samstagmorgen konnten sich die 193 Teilnehmerstaaten nur auf ein dreiseitiges Papier einigen, "eine politische Eklärung ohne bindenden Charakter", so Thomas Hirsch vom evangelischen Hilfswerk Brot für die Welt. Der Klimaexperte hat die Verhandlungen von Anfang an begleitet. Im domradio-Interview zieht er ein enttäuschtes Fazit. Auch die Katholische Kirche und ihre Hilfswerke kritisieren den Ausgang.

 (DR)

"Was noch übrig geblieben ist, ist eine Gruppe von Verhandlern, die noch immer verhandelen und versuchen den Scherbenhaufen zusammenzukehren." Die UNO habe nun das Problem, eine Erklärung zu haben, die nicht bezogen auf den Verhandlungsprozess sei, so Hirsch am Samstagmorgen.

"Es scheint, dass das nicht gelingt. Dann hätten wir einen Gipfel mit einer politischen Absichtserklärung und ohne Beschlüsse, die vertraglich bindend sind."

Dramatische Nachtsitzung
Der am späten Samstagabend von 25 Ländern ausgehandelte Kompromiss stieß in einer dramatischen Nachtsitzung auf den Widerstand einer Reihe von Entwicklungsländer, darunter der Sudan, Venezuela und Tuvalu. Die Beratungen dauern an. Der Entwurf enthält kaum konkrete Vorgaben zum Klimaschutz. Zu den wenigen Fortschritten zählt das Ziel, den globalen Temperaturanstieg auf zwei Grad zu begrenzen. Ziele zur Minderung von Treibhausgasen bis 2050 enthält der Entwurf allerdings nicht. Die Festlegung auf Reduktionsziele der Industriestaaten bis 2020 wurde auf den Februar 2010 verschoben.

Als Klimahilfen an Entwicklungsländer sind in dem Papier insgesamt 30 Milliarden US-Dollar für die Jahre 2010 bis 2012 vorgesehen. Bis 2020 sollen diese Mittel auf jährlich 100 Milliarden Dollar steigen. Umweltschützer und Hilfsorganisationen reagierten mit Enttäuschung auf den Kompromiss-Entwurf. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach von "gemischten Gefühlen".

Scharfe Kritik kam vom Sudan. Der Verhandlungsführer des Landes, Lumumba Di-Aping, löste mit einem Holocaust-Vergleich Empörung aus. "Dieses Dokument bedroht das Leben von Millionen Menschen in Afrika", sagte er. Das Existenzrecht des afrikanischen Kontinents sei bedroht.

Zollitsch: Ergebnis enttäuschend
er Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, hat das Ergebnis der Weltklimakonferenz als «zu wenig und enttäuschend» kritisiert. Damit bleibe Kopenhagen weit hinter dem Ziel zurück, ein Nachfolgeabkommen für das Kyoto-Protokoll zu verabschieden, erklärte Zollitsch am Freitag in Freiburg: «Hier war mehr drin und ich frage mich, wie zielgerichtet können künftige Großkonferenzen noch arbeiten?»

Der Klimawandel sei eine ethische Herausforderung, der sich alle Staaten in Solidarität und Verantwortung für das globale Gemeinwohl stellen müssten, betonte der Erzbischof. Positiv wertete er die Ankündigung, im nächsten Jahr weiter verhandeln zu wollen.

Mit der Vereinbarung werde «die Menschheit für dumm verkauft», erklärte Anika Schroeder, die Referentin für Klimawandel des Bischöflichen Hilfswerks Misereor, am Samstag am Tagungsort.

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