Greenpeace zum Auftakt der Klimakonferenz

Angst vor dem "Clean-Washing"

Mit Appellen hat am Montag die UN-Klimakonferenz in Kopenhagen begonnen. In der Stadt selber sei die "enorme Spannung" zu spüren, sagt Karsten Smid. Im domradio-Interview spricht der Greenpeace-Klimaexperte über den Weg zu einer neuen Klimapolitik und die Angst vor einem Scheitern.

 (DR)

domradio: Auftakt in Kopenhagen. In zahlreichen Konferenzen hat man sich im Vorfeld auf dieses große Treffen vorbereitet. Wie ist denn die Grundstimmung heute am Auftakttag?
Smid: Es sind sehr viele Menschen hier, insgesamt 15.000, die Räume füllen sich. Es herrscht höchste Sicherheitsstufe. Es ist eine enorme Spannung hier im Raum - darüber, ob man die Konferenz zum Erfolg führen kann in den zwei Wochen. Es gibt Anzeichen, dass Erfolg da sein kann. Aber es schwirren auch eine Menge Gerüchte herum, was in den kommenden Tagen passieren kann.

domradio: Welche Gerüchte?
Smid: Es ist die Gefahr, dass man anfangs die Erwartungen sehr niedrig gehängt hat, um dann auch einen Minimalkonsens als Erfolg verkaufen zu können. Das wäre ein großes Problem, weil das ein reines Clean-Washing-Szenario wäre, also lauter schöne Worte ohne verbindliche Zusagen für wirklich drastische Treibhausgas-Reduzierungen. Eine andere Frage ist die nach der Finanzierung. Dort will man anfangs zehn Milliarden für eine schnelle Klimaschutzfinanzierung zur Verfügung stellen. Und da gibt es die Sorge, dass man sich mit diesem Geld davor versteckt, einen vernünftigen Finanzmechanismus aufzubauen, der auch langfristig in die richtige Richtung führt. Denn: Zehn Milliarden, das hört sich erstmal nach viel an, letztlich sind es aber "Peanuts", wenn man nicht ein richtiges System der Klimaschutzfinanzierung aufbaut.

domradio: Bei der Klimakonferenz 1997 im japanischen Kyoto haben die USA das Protokoll nicht unterzeichnet. Werden die Vereinigten Staaten von Amerika und auch China das Protokoll diesmal unterzeichnen?
Smid: Das ist noch alles offen. Klar ist, dass alle hier am Tisch verhandeln, dass die Amerikaner auch aktiv an den Verhandlungen teilnehmen, auch die Chinesen. Wir hören sogar gerade von den Entwicklungs- und Schwellenländern sehr engagierte Angebote. Wenn Kopenhagen zum Erfolg werden kann, müssen sich vor allen Dingen die Industriestaaten, vor allen Dingen die Amerikaner bewegen - denn was die bislang angeboten haben, ist eine Treibhausgasreduktion von mageren vier Prozent. Und das Schlimme ist, dass die Europäer sich hinter diesen geringen Treibhausgasreduktionen verstecken und bisher ihren Schritt nicht gemacht haben: von ihren angekündigten minus 20 Prozent auf die minus 30 Prozent zu gehen, die sie zuhause erfüllen müssten.

domradio: Gibt es eine Alternative zum Erfolg von Kopenhagen?
Smid: Es gibt keine Alternative zum UN-Weg, denn dieses ist der Weg, bei dem sich alle Staaten gemeinsam treffen, sich in die Augen gucken und engagiert für den Klimaschutz kämpfen müssen. Dazu gibt es keine Alternative. Aber wir können natürlich zuhause im eigenen Land schon mal mit der Treibhausgasreduktion anfangen. Und das ist auch ein Signal an Deutschland: Wir bauen viel zu viele Kohlekraftwerke. Dort müssen Bundesumweltminister Röttgen und Bundeskanzlerin Merkel etwas tun. Diese Kraftwerke verheizen unser Klima. Und das ist unser Problem: dass wir bisher noch nicht umgestiegen sind auf die Nutzung der erneuerbaren Energien.

Das Gespräch führte Monika Weiß.