Trend zum Wiedererstarken des Brauchtums

Nikolaus vs. Weihnachtsmann

Die Vorweihnachtszeit ist für Brauchtumspfleger Walter Sirch inzwischen nicht mehr ganz so frustrierend. Allenthalben findet er Spuren von der Rückkehr des Heiligen Nikolaus ins öffentliche Bewusstsein - obwohl der von ihm so verabscheute rot-weiße amerikanische Weihnachtsmann noch immer die Oberhand hat.

Autor/in:
Ulrich Meyer
 (DR)

"Es findet ein Umdenken statt", freut sich der Allgäuer Sirch, der beim Bayerischen Trachtenverband für den Nikolaus zuständig ist, "die Entwicklung ist eindeutig positiv. Den Menschen wird das heimische Brauchtum wieder bewusster."

In der Werbung, in Spielfilmen, auf Süßigkeiten und in Kinderbüchern ist heute fast nur noch der Weihnachtsmann zu sehen. Er bringt inzwischen nach Vorstellung vieler Kinder die Geschenke und nicht mehr das Christkind oder eben am 6. Dezember der Heilige Nikolaus. Sirchs Mitstreiter Günter Frey, für die Jugendarbeit des Trachtenverbandes zuständig, sieht ganz grundlegende Unterschiede der Figuren: "Der Weihnachtsmann verkörpert lediglich die Lust am Kaufen und hat nichts mit dem eigentlichen Weihnachtsgedanken zu tun."

Nichts gegen Lust am Einkaufen
Gegen die Lust am Kaufen hat Markus Delp so prinzipiell nichts einzuwenden. Der Vater einer kleinen Tochter ist Zentraleinkäufer bei der Nürnberger Discount-Kette Norma und auch er setzt auf den Heiligen Nikolaus - in Schokolade. "Als in der Region verankertes Unternehmen ist es uns wichtig, dass der Nikolaus nicht in Vergessenheit gerät, unabhängig von Umsatzaspekten", betont Delp. In allen Filialen gibt es deutschlandweit Nikolaus-Naschereien. Auf die Idee sei er selbst gekommen, sagt der eigentlich aus Mainz stammende Katholik nicht ohne Stolz.

Norma ist nicht der einzige Laden wo Weihnachtsmann-Verweigerer sich eindecken können. Auch in Filialen von Rewe, den Drogerie-Ketten Müller und Rossmann sowie diversen Konfiserien wurden die Schoko-Nikoläuse bereits gesichtet. Die Beschaffung der anders verpackten Schokofiguren sei kein Problem gewesen, sagt Delp: "Auf Lieferantenseite wurde die Idee sehr positiv aufgenommen." Wobei in den Werbeprospekten von Norma durchaus noch prominent der Rauschebart mit roter Zipfelmütze zu sehen ist. Und in der Schoko-Version steht er neben dem Nikolaus im Regal, der eine meist goldene Mitra auf den Kopf trägt.

"Wir können den Nikolaus wieder zum Leben erwecken"
Bereits vor einigen Jahren hat sich das Bonifatiuswerk der deutschen Katholiken des Themas angenommen. Auf der Homepage weihnachtsmannfreie-zone.de werben die Verantwortlichen mit einem durchgestrichenen Comic-Weihnachtsmann für ihr Anliegen. Unterstützt werden sie dabei unter anderem vom ZDF-Moderator Peter Hahne. "Nikolaus half selbstlos Menschen in Not und war ein Freund der Kinder. Äußeres Zeichen seines Bischofsamtes ist die Mitra und nicht - wie bei der erfundenen Reklame-Figur - eine rote Mütze mit weißem Bommel", schreibt Hahne auf der Homepage.

Trachtler Sirch freut sich über diese Einstellung. "Wir können den Nikolaus wieder zum Leben erwecken", ist sich der Brauchtumsschützer sicher. Er selbst sorgt dafür, indem er sich am Nikolaustag einen Bischofsstab greift und in das dazu gehörende prächtige Gewandt schlüpft. Zusammen mit einem Gehilfen, verkleidet als Knecht Ruprecht, geht er dann in Familien im Ostallgäu und zeigt ihnen das echte Brauchtum. "Wir brauchen den Weihnachtsmann nicht, wir haben den Nikolaus und an Weihnachten das Christkind." Doch auch Sirch macht sich keine Illusionen über die Tragweite seiner Aktion. Der Weihnachtsmann werde wohl nicht mehr zu verdrängen sein, räumt er ein. "Aber ich will das nicht einfach so hinnehmen."