Appelle an die Politik zum Weltbehindertentag

Integration statt nur Betreuung

Zum heutigen Welttag für Menschen mit Behinderung mehren sich die Forderungen nach einer besseren Integration von Behinderten. Weltweit leben laut UN-Angaben 670 bis 800 Millionen Menschen entweder selbst mit einer Behinderung oder unmittelbar mit einem behinderten Menschen zusammen.

 (DR)

UN-Menschenrechtshochkommissarin Navi Pillay beklagte am Mittwoch in Genf, neun von zehn behinderten Kindern weltweit erhielten keinerlei Schulbildung. Die UN-Hochkommissarin wies zugleich auf bedeutende Fortschritte zur besseren Integration von Behinderten hin. Seit Inkrafttreten im Mai 2008 hätten bereits 75 Staaten die Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen ratifiziert.

Nach Ansicht des Deutschen Behindertenrates (DBR) muss der gemeinsame Unterricht von behinderten und nichtbehinderten Kindern zur Regel werden. Deutschland liege in diesem Bereich im europäischen Vergleich an letzter Stelle, erklärte der DBR am Mittwoch in Berlin. Nur 15,7 Prozent behinderter Kinder besuchten die Regelschule und mehr als 400.000 Kinder würden auf Sonderschulen verwiesen. Über 77 Prozent verließen die Schule ohne Abschluss.

Wirtschaftskrise als Vorwand
Der Sozialverband VdK Deutschland appellierte an Bund, Länder und Arbeitgeber, die Maßnahmen zur Eingliederung Behinderter angesichts der Krise nicht zu vernachlässigen. «Acht Millionen Menschen mit Behinderung eine selbstbestimmte und diskriminierungsfreie Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen, gehört auch in Krisenzeiten weit nach oben auf die politische Tagesordnung», so VdK-Präsidentin Ulrike Mascher. Die Bundesregierung rief sie auf, das Amt des Behindertenbeauftragten zwei Monate nach der Parlamentswahl endlich zu besetzen.

Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) forderte eine größere Teilhabe von Menschen mit Behinderung am Arbeitsleben und verwies dabei auf die UN-Konvention. Es gehe nicht allein um Integration, betonte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach. Der Arbeitsmarktzugang müsse Menschen mit Behinderung von vornherein eröffnet werden. Die Arbeitslosenquote bei Menschen mit schwerer Behinderung lag laut Statistik 2008 bei 14,6 Prozent, gegenüber einer allgemeinen Arbeitslosenquote von 8,7 Prozent bei abhängigen Erwerbstätigen.

Bündnis 90/Die Grünen verlangten von der Bundesregierung, den im Koalitionsvertrag angekündigten Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Konvention vorzulegen. «Noch viel zu oft leben, arbeiten oder bilden sich Menschen mit Behinderungen in Sondereinrichtungen. Auch hier muss die Bundesregierung tätig werden», erklärte die Partei in Berlin.