Lateinamerika droht Sieger nicht anzuerkennen

Wahlen in Honduras spalten Amerika

Die Präsidenten- und Parlamentswahlen am Sonntag in Honduras drohen den amerikanischen Kontinent zu spalten. Die USA und Panama kündigten ihre Unterstützung für den Urnengang an, der von der Putschregierung unter Roberto Micheletti organisiert wird, und entsandten Wahlbeobachter.

Autor/in:
Matthias Knecht
 (DR)

Die Mehrheit der lateinamerikanischen Länder will das Ergebnis hingegen nicht anerkennen. Sie fordern die vorherige Wiedereinsetzung des Ende Juni gestürzten Präsidenten Manuel Zelaya.

Die beendet geglaubten Animositäten zwischen den USA und Lateinamerika könnten dadurch wieder aufkeimen. Washington interpretiert inzwischen die Wahlen als Ausweg aus der seit fünf Monaten anhaltenden Staatskrise, nachdem es den Putsch gegen Zelaya aufs schärfste verurteilt hatte. Zahlreiche lateinamerikanische Politiker werfen der US-Regierung indes fehlende Unterstützung für Zelaya vor. Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva sprach von einem "gewissen Frust" über die Außenpolitik Washingtons. Im Frühjahr hatte US-Präsident Barack Obama ein "neues Kapitel" in den US-lateinamerikanischen Beziehungen angekündigt.

3,5 Millionen Honduraner sind dazu aufgerufen, den Präsidenten und die 128 Abgeordneten des Einkammerparlaments zu wählen. Neu bestimmt werden auch die Bürgermeister und weitere Mandatsträger in den 298 Kommunen des zentralamerikanischen Landes. Favorit für die Präsidentschaft ist Umfragen zufolge Porfirio Lobo (61) von der oppositionellen Nationalen Partei. Der Großgrundbesitzer verspricht mehr Sicherheit für das gewaltgeplagte Land. Außerdem will er die Wirtschaft ankurbeln und die Armut bekämpfen. Bei den Wahlen vor vier Jahren unterlag Lobo knapp Zelaya.

Die Putschregierung ergriff zahlreiche Sicherheitsvorkehrungen. So beschlagnahmen Polizei und Armee im gesamten Land private Waffen.
Anlass sind die bisher 20 glimpflich verlaufenen Bombenattentate der vergangenen Monate sowie die Sorge vor Sabotageakten.

Aufruf zum Wahlboykott
Anhänger Zelayas erneuerten ihren Aufruf zum Wahlboykott. "Der Wahlprozess entbehrt jeglicher Legitimität und Legalität", teilte die "Nationale Widerstandsfront gegen den Staatsstreich" mit. Überschattet werden die Wahlen vom gewaltsamen Tod eines Zelaya-Anhängers. Der 58-jährige Lehrer Gradis Espinal sei zwei Tage nach seiner Verhaftung durch die Polizei am Dienstag in der Hauptstadt Tegucigalpa tot aufgefunden worden, teilte das Komitee der Familienangehörigen verschwundener Festgenommener mit. Der Menschenrechtsgruppe zufolge ist Espinal das 26. Todesopfer seit dem Staatsstreich.

Insgesamt bewerben sich fünf Kandidaten für die Präsidentschaft.
Der Sieger tritt die vierjährige Amtsperiode am 27. Januar an. Der partei-unabhängige Gewerkschaftsführer Carlos Reyes, zog seine Kandidatur aus Protest gegen den Staatsstreich von Ende Juni zurück, so wie 60 weitere Kandidaten für Parlaments- oder Kommunalposten.

Auch Europa ist gespalten
Auch Europa ist wegen der Anerkennung der Wahlen gespalten. Die EU-Länder zogen zwar aus Protest gegen den Staatsstreich ihre Botschafter ab, und das EU-Parlament weigerte sich, Wahlbeobachter zu entsenden. Doch Straßburger Abgeordnete von Spaniens konservativer Volkspartei senden nun eine eigene Beobachtergruppe. Die kommenden Wahlen seien "die einzige Hoffnung, die Demokratie in Honduras zu retten", sagte Fraktionsführer Jaime Mayor Oreja.

Unterstützt wird Micheletti, der international nicht anerkannt wird, auch von der der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung. Sie interpretiert dessen Machtergreifung vor fünf Monaten als legitimen Notwehrakt gegen die zunehmend autoritären Tendenzen Zelayas, einem Bündnisgenossen von Venezuelas linkspopulistischen Präsidenten Hugo Chávez.

Zelaya wurde am 28. Juni von der Armee gestürzt und außer Landes gebracht. Das Parlament wählte daraufhin Micheletti zum Übergangspräsidenten. Zelaya kehrte im September heimlich ins Land zurück und hält sich seither in der brasilianischen Botschaft auf. Mehrere internationale Vermittlungsversuche scheiterten, zuletzt im Oktober ein unter US-Beteiligung erzielter Kompromiss. Demnach sollte das Parlament über eine Wiedereinsetzung Zelayas entscheiden. Die Abgeordneten verschoben die Debatte auf den 2. Dezember - drei Tage nach der Wahl.