Reger Zulauf zum Katholiken-Arbeitskreis in Union - Mitinitiator Wolfgang Ockenfels rechnet mit neuem Schwung für die Partei

"Es gibt noch genügend Christen im Lande"

Eine Woche nach seiner Gründung zählt der Arbeitskreis Engagierter Katholiken in der CDU/CSU nach eigenen Angaben bereits mehr als 400 Unterstützer. Genau darum gehe es auch, sagt Mitinitiator Prof. Wolfgang Ockenfels: "Das ist eine Frage der Basis." Christliche Willensbildung in der Politik dürfe nicht "von oben" diktiert werden, so der Trierer Theologe. Im domradio-Interview spricht er über den Weg zum AEK und die Ziele.

Wolfgang Ockenfels: Katholischer Geistlicher, Dominikaner und Sozialethiker (DR)
Wolfgang Ockenfels: Katholischer Geistlicher, Dominikaner und Sozialethiker / ( DR )

domradio: Anfängliche Skepsis und nun große Begeisterung. Woher kommt Ihr Sinneswandel?
Ockenfels: Als rheinischer Katholik bin ich zufrieden mit der Resonanz. Ich bekomme andauernd Anrufe und Anfragen und muss sagen: Zu Beginn war ich skeptisch, was ich auch des Öfteren zum Ausdruck gebracht habe. Weil man doch lange Jahre - ich bin schon lange Mitglied der CDU - das für selbstverständlich hielt, dass die katholische Seite die CDU dominiert. Das ist inzwischen natürlich überhaupt nicht mehr der Fall. Das C auf weiten Feldern eingetrocknet. Und da habe ich mir gedacht gemeinsam mit anderen, dass wir das C wiederbeleben sollten in der Partei, diese Identität, die die CDU ja hat mit dem C, so ähnlich wie die SPD mit ihrem S. Dort ist es auch ziemlich verblasst und hat zu dem Niedergang der Partei geführt. Und wir wollen  nicht, dass das C im Namen der CDU nur noch eine leere Hülse ist, sondern wir wollen es wieder neu mit Inhalten füllen. Und da kann der Evangelische Arbeitskreis, den es ja schon seit langem gibt, durchaus eine Schützenhilfe von uns erwarten.

domradio: Wird die CDU durch diesen Arbeitskreis ihr konservatives Wählerpotential stärken können?
Ockenfels: Christen müssen konservativ sein in dem Sinne, dass sie die Botschaft des Evangeliums aufrecht erhalten und dann auch jeweils in der Gesellschaft und der Politik zur Geltung bringen. Wenngleich wir als Christen hier nicht unbedingt Weltverbesserer sind. Aber wir wollen doch einen humanen Standard behalten, wir wollen die Menschenrechte hochhalten, wir wollen Fragen der Ehe und Familie klären, wir wollen den Lebensschutz - vor allem den der Schwachen, der Ungeborenen und Alten - aufrecht erhalten, wir wollen die Religionsfreiheit pflegen. Solche Dinge spielen gewiss in Zukunft eine größere Rolle für eine Partei, die nicht nur so pragmatisch hin und her holpern sollte, sondern sich wieder auf ihre christlichen Wurzeln besinnen muss. Da fände ich so einen Arbeitskreis sehr wichtig. Wenngleich es da nicht auf die Masse ankommt. Der Evangelische Arbeitskreis hat 200.000 Mitglieder, aber haben sie jemals was davon gehört? Das gilt es jetzt ein bisschen herauszufordern: dass man wieder mehr über das C diskutiert.

domradio: Dennoch zeigt sich die Parteispitze nach wie vor skeptisch. Ein evangelischer Arbeitskreis lasse sich mit der Geschichte der CDU erklären. Außerdem gebe es noch den "Kardinal Höffner Kreis". Was macht einen Katholischen Arbeitskreis dennoch notwendig?
Ockenfels: Es geht ja nicht nur darum, dass sich einige Repräsentanten in der CDU sich Christen nennen und es vielleicht auch tatsächlich sind - aber wenn sie doch die inhaltlichen Aspekte vernachlässigen. Jedenfalls aus meiner Sicht hat sich das so dargestellt, ich habe ja auch ein Buch darüber geschrieben, über den Zerfall und den Prozess der Entleerung des C, dem muss widersprochen werden. Auch deswegen, weil viele Wähler, alte treue Stammkundschaft, der Partei den Rücken zugekehrt haben. Wir wollen jetzt nicht von oben, sondern von unten, von der Basis her Christen katholischer Konfession ansprechen und sagen, das ist ein notwendiges Pendant zur evangelischen Seite.

domradio: Was zerfällt denn da ihrer Meinung nach?
Ockenfels: Dinge, die sich schon seit Längerem angebahnt haben. Helmut Kohl war gewiss ein ernstzunehmender Katholik und Christ. Und auch Frau Merkel möchte ich das auch nicht persönlich absprechen, dass sie christlich motiviert ist. Aber mir erscheinen bestimmte Inhalte innerhalb dieser Partei und ihrer Programmatik ziemlich abgeschliffen zu sein, das C hat kein Profil mehr. Es sind allgemeine menschliche Werte, die beschworen werden. Aber was das konkret zu bedeuten hat, das müsste einmal doch wieder stärker betont werden.

domradio: Worin sehen die die wichtigsten Aufgaben, die als nächstes im Arbeitskreis besprochen werden?
Ockenfels: Wir müssen uns wieder etwas deutlicher und klarer darüber werden, was denn überhaupt Menschenwürde bedeutet. Das ist ein ganz zentraler christlicher Begriff. Und wie der in der Politik umzusetzen ist. Oder wir müssen neu nach der sozialen Marktwirtschaft fragen. Und hier die katholische Soziallehre in Anspruch nehmen, die ja im Ursprung dieser Partei ja durchaus präsent war. Bis in die 70er Jahre hat die wesentlich am Aufbau unseres Sozialstaates teilgenommen. Da hat sich inzwischen Vieles geändert. Deshalb müssen wir jetzt wieder nach der Bedeutung dieser katholischen Soziallehre und der Moral der zehn Gebote etwa innerhalb einer Partei fragen. Das könnte der Partei einen neuen Schwung verleihen und auch eine neue Attraktion. Es gibt noch genügend Christen im Lande, wenn es auch stille Leute sind. Aber, dass eine Partei das Christliche, soweit es überhaupt politisch definierbar ist, auch einbringt in die Willensbildung der Politik, das ist schon eine hervorragende Aufgabe für eine politische Partei. Und da können wir nicht darauf warten, dass einfach von oben herunter diktiert wird, was denn christlich sei, sondern es müssen die einzelnen Mitglieder und je nach Konfession durchaus sich daran beteiligen. Das ist eine Frage der Basis und der Initiativen. Und da melden sich auch hinreichend Leute, die sich ernsthaft vorgenommen haben, das wieder einmal ernsthaft ins Gespräch zu bringen.

Das Gespräch führte Monika Weiß.