Evangelische Bischöfe rufen am Buß- und Bettag zu mehr Nachhaltigkeit auf

Appell zur Neuorientierung

Zum Buß- und Bettag haben die evangelischen Kirchen in Nordrhein-Westfalen eine gesellschaftliche Neuorientierung zu mehr Nachhaltigkeit gefordert. Heutige Katastrophenszenarien wie Wirtschaftskrise, Klimawandel, Terror und Krieg bewirkten offensichtlich keine Umkehr, sagte der rheinische Präses Nikolaus Schneider am Mittwochabend im Trierer Dom.

 (DR)



Um Menschen nachhaltig zur Buße zu bewegen, brauche es über die Grenzen der Konfession hinweg "gemeinsame Träume von Gottes neuem Himmel und Gottes neuer Erde." Die derzeitigen Krisen führten vor Augen, "wie dringend es ist, Freiheit und Verantwortung neu zu justieren", mahnte der westfälische Präses Alfred Buß.

Die Menschen seien aktuell durch die Finanz- und Wirtschaftskrise herausgefordert, durch ein Wirtschaften, «das sich in Form eines kalten Krieges vollzieht und sich auf 'Globalisierung' herausredet», erklärte Schneider. Angesichts des Klimawandels gelte es, die Lebensvoraussetzungen auf der Erde zu bewahren, unter Terrordrohungen Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Humanität zu erhalten, den Hunger auf der Welt zu bekämpfen und dem Auseinanderdriften zwischen von Arm und Reich zu wehren. Aus Anlass des protestantischen Feiertags feierte Schneider mit dem Trierer Bischof Stephan Ackermann den traditionellen ökumenischen Gottesdienst.

Buß- und Bettag der Ruf zum Leben mit Gott
Wenn Menschen Visionen und Träume teilten, sei es möglich, sich gegenseitig zu ermutigen, Zuversicht bewahren und nicht in Zynismus abzugleiten, betonte der oberste Repräsentant von 2,9 Millionen evangelischer Christen. Der Buß- und Bettag heute sei der Ruf zum Leben, zum Leben mit Gott. Die Umkehr solle dem Bewahren und Erneuern, dem Fördern und Entwickeln des Lebens dienen.

Das marktradikale Konzept von Liberalisierung, Privatisierung und Deregulierung habe gezeigt, in welches Verderben die Missachtung von Grenzen führt, sagte der westfälische Präses Buß am Mittwochabend beim Empfang des Kirchenkreises Recklinghausen. «Konzerne wie Nokia und General Motors fahren immer noch Schlitten mit der Politik», kritisierte er. Bei Opel erlebten die Mitarbeiter seit Monaten «ein zynisches Pokerspiel der bekannten Art, ausgetragen auf ihrem Rücken».

Mehr Bildungsgerechtigkeit
Die Politik müsse die Rahmenbedingungen so ändern, dass sich das System in eine soziale, ökologisch und global orientierte Marktwirtschaft entwickelt, forderte Buß. Dabei sei auch mehr Bildungsgerechtigkeit nötig. Langfristig könnten Krisen dieses Ausmaßes nur durch ein umfassendes Umsteuern der internationalen Wirtschafts- und Finanzpolitik bewältigt und verhindert werden, sagte Buß weiter. Der Präses mahnte auch einen Mentalitätswechsel eines jeden Einzelnen an. «Verantwortlich zu handeln, heißt zumindest anderen keinen Schaden zuzufügen», betonte der Präses unter Hinweis auf die nachfolgende Generation.

Die dringend notwendige «Umkehr von Habgier und Rücksichtslosigkeit» ist nach Meinung des Theologischen Vizepräsidenten der westfälischen Kirche, Hans-Detlef Hoffmann, möglich. «Finanzkrise und Klimakatastrophe, von uns gemacht, treffen die, die daran keinen Anteil haben und sich am wenigsten schützen können», sagte Hoffmann in einem Gottesdienst in Bielefeld. Doch Gottes Zuwendung zu den Menschen in Gestalt Jesus Christus mache die menschliche Umkehr möglich.

In der evangelischen Kirche ist der Buß- und Bettag ist ein Tag der Besinnung und Neuorientierung. Christen fragen in Gottesdiensten danach, wie sie ihr Leben entsprechend dem Evangelium zu gestalten haben. Der Bußtag, der 1532 im mittelalterlichen Straßburg offiziell eingeführt wurde, fiel 1995 der Finanzierung der Pflegeversicherung zum Opfer. Außer in Sachsen ist er als gesetzlicher Feiertag gestrichen. Dennoch behielt er seinen Platz im kirchlichen Festkalender. Viele Gemeinden laden am frühen Abend zu Andachten ein.