Scheidender SPD-Chef ruft Genossen auf Dresdner Parteitag zur Zuversicht auf

Müntefering warnt vor dem "Jammertal"

Mit einem Aufruf zur Zuversicht hat sich SPD-Chef Franz Müntefering auf dem Dresdner Bundesparteitag der Sozialdemokraten aus der Parteispitze verabschiedet. "Wir sind kampffähig und kampfbereit", rief er in seiner letzten Rede als Vorsitzender am Freitag den rund 500 Delegierten zu. Die Partei habe es im Wahlkampf nicht verstanden, ihre Politik zu vermitteln, dürfe sich aber jetzt nicht "ins Jammertal" zurückziehen. Die SPD müsse eingreifen und angreifen.

 (DR)

Sieben Wochen nach ihrem Wahldebakel wollten die Sozialdemokraten auf ihrem dreitägigen Parteitag eine neue Parteiführung wählen. Die rund 500 Delegierten sollten zudem die Weichen für die Neuaufstellung der SPD stellen. Als Nachfolger von Müntefering kandidierte der ehemalige Umweltminister Sigmar Gabriel, Parteivize Andrea Nahles stand für das Amt der Generalsekretärin zur Wahl. Beide hatten keine Gegenkandidaten.

Müntefering sagte, das SPD-Ergebnis bei der Bundestagswahl sei «bitter» gewesen, aber nicht das letzte. «Wir waren für die Wähler kein Feindbild, aber wir waren nicht interessant genug. Wir waren für zu viele die von gestern, aus der Mode». Die Niederlage der SPD sei «selbst verschuldet» zugleich aber auch eine Folge des Zeitgeistes, der Einzelinteressen über die Belange der Allgemeinheit stelle, analysierte Müntefering. Die Partei nehme nun ihre Aufgabe als Opposition an «und wir nehmen sie ernst». Er betonte: «Wir kommen wieder.»

Persönlich merkte Müntefering an, irgendwer habe ihn als «autoritären Knochen» bezeichnet. Dies habe er «mit Amüsement» zur Kenntnis genommen. Offenbar sei er «unerkannt» durch seine politischen Ämter gegangen. «Es war mir Ehre und es war mir ein Vergnügen», sagte Müntefering, dessen Rede von den Delegierten mit einem dreiminütigen stehenden Applaus bedacht wurde.

Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier würdigte, dass Müntefering sich immer für die SPD «zerrissen» habe und «auch nach seinem Abschied noch mal ins Geschirr gegangen ist, als wir ihn brauchten».

Nahles kündigte derweil einen Generationswechsel und Veränderungen an. Wenn die SPD zu alter Stärke zurückfinden wolle, «dann darf sie nicht so bleiben, wie sie ist», sagte sie. Ob es eine Änderung bei der Rente mit 67 gebe, werde nicht jetzt entschieden, «weil die Rückkehr zur 65 uns nicht glaubwürdiger macht».

Die langjährige stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Ursula Engelen-Kefer, forderte bei der Aussprache auf dem Parteitag, die Rente mit 67 vorerst außer Kraft zu setzen, die als Synonym für Altersarmut stehe. Erst müssten die Arbeitsbedingungen verbessert werden, dann könne man über das Rentenalter reden. «Wir haben erhebliche Fehler gemacht und die müssen wir auch eingestehen», sagte das SPD-Vorstandsmitglied. Auch bei «Hartz IV» sei die SPD über das Ziel hinausgeschossen und müsse jetzt sagen: «Hier ändern wir.»

Auch weitere Delegierte übten in der Debatte harsche Kritik an der scheidenden Parteiführung. Eine «Basta»-Politik dürfe es künftig nicht mehr geben, forderten mehrere Redner. Ein Delegierter kritisierte den «Putsch von Schwielowsee». An dem Brandenburger See war vor einem Jahr SPD-Chef Kurt Beck zurückgetreten. Steinmeier wurde damals Kanzlerkandidat und Müntefering in der Folgezeit zum zweiten Mal Parteichef.

Beck selbst forderte einen Neuanfang für die SPD. Gabriel und Nahles seien dafür die Richtigen. Sie könnten die Partei zusammenführen und den Kurs der Partei korrigieren sowie ein neues Denken und einen neuen Führungsstil in die Partei bringen. Er betonte: «Darum wählen wir sie.»