Grundsteinlegung für Moschee in Köln-Ehrenfeld

Zwischen Vorfreude und Skepsis

In Köln wurde am Samstag der Grundstein zu einem der im Vorfeld meist diskutierten Bauprojekte in Deutschland gelegt: Die Türkisch-Islamische Union Ditib feierte mit zahlreichen Gästen den offiziellen Baubeginn ihrer Moschee in Ehrenfeld. Der Sakralbau sorgt zwar noch immer für Diskussionen - doch sie werden weniger.

Autor/in:
Michael Borgers
2011 soll die Moschee in Ehrenfeld fertiggestellt sein / © Michael Borgers (DR)
2011 soll die Moschee in Ehrenfeld fertiggestellt sein / © Michael Borgers ( DR )

Werner und Helene Bierfeld leben schon ihr halbes Leben in Ehrenfeld. Das Rentnerehepaar steht am Tresen des „Haus Scholzen", das Traditionsbrauhaus vor Ort, das stolz mit „seit 1907" an seiner Fassade wirbt. Kühles Kölsch und gutbürgerliches Essen, so lieben es die Bierfelds. Wie sich ihr Stadtteil in den vergangenen Jahrzehnten entwickelt hat, gefällt ihnen weniger. „Wir finden es hier nicht schön", sagt Helene Bierfeld mit ihrem kölschen Dialekt. Die Haupteinkaufsstraße, die Venloer Straße, sei nicht mehr das, was sie früher mal war.

Früher, das war guter Einzelhandel. Heute, das seien vor allem Dönerbuden und diese neue Moschee. Mit der kämen die Ehrenfelder ja nur schlecht zurecht, sagt Werner Bierfeld. So genau weiß er aber auch nicht, wovon er spricht, gibt er zu. Die Baustelle hat er noch nicht besucht. Und wie der Gebäudekomplex einmal aussehen soll, weiß der 84-jährige auch nicht.

Einladende Architektur
Das künftige Aussehen und wie sich die Moschee in die Umgebung einpasst, zeigt das Architektenmodell eindrucksvoll. Zwei mal zwei Meter groß steht es unter einer Glasscheibe im Büro von Ayse Aydin, der Sprecherin  der Deutschland-Zentrale der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion, kurz Ditib, in Köln.

„Dieses Modell hat das was viele andere Entwürfe nicht hatten: eine sehr klare Struktur die aussagt: offen, transparent, einladend, nicht abgeschlossen." Auch deshalb habe man sich für den Entwurf des Architekten Gottfried Böhm entschieden, sagt Ayse Aydin: er transportiere die Idee einer Einladung an alle Menschen. „Dort sind viele Komponenten , die mir über ihre Sprache sagen: Komm rein, sei willkommen,  wag den schritt, hab keine Angst."

2007 machte die Ditib die Pläne öffentlich, Kritiker formierten sich schnell, allen voran die rechtspopulistische "Bürgerbewegung Pro Köln". Mit dem Gebetshaus der Muslime entstehe ein "Zufluchtsort für Extremisten". Zudem drohten Verkehrschaos, Parkplatznot und Lärmbelästigung - etwa durch stündliche Muezzin-Rufe.

"Aufeinander zugehen und einander kennen lernen"
Karl-Heinz Iffland ist seit mehr als 30 Jahren evangelischer Pfarrer in Ehrenfeld. Auch in seiner „Versöhnungskirche" im Kölner Norden wurde in den vergangenen zwei Jahren viel diskutiert. Zum Beispiel darüber, dass neben Gebetsraum auch Flächen für Gewerbe und Handel entstehen. Der Basar soll etwa zehn Geschäftseinheiten fassen. Karl-Heinz Iffland sieht die Gefahr eines islamischen Ghettos. Wenn eine Moschee immer mehr Rückzugsraum werde, so der 58-jährige, seien Möglichkeiten verbaut. "Die aufeinander zuzugehen, kennen zu lernen." Genau das wünscht sich auch der Theologe: dass Christen und Muslime, Deutsche und Türken einander besser kennen lernen. Unter die Debatte um den Moscheebau wünscht er sich einen Schlussstrich.

„Gelernt werden muss noch, dass unsere Stadt, Köln, nicht nur sagen kann: Wir sind eine weltoffene Stadt, wir haben sogar mediterranes Flair, sondern dass die Menschen es dann auch akzeptieren müssen, dass das gelebt wird." An diesem Punkt sei man jetzt angelangt.

„Die Zuwanderer, die hier sind, haben das Viertel positiv belebt"
Jede Glaubensgemeinschaft verdiene einen würdigen Versammlungsort, findet auch Günter Wallraff.  Der Journalist wurde für seine Undercover-Reportagen berühmt. Anfang der 80er Jahre arbeitete er zwei Jahre lang als türkischer Gastarbeiter bei verschiedenen Unternehmen. Seit mehr Mitte der 60er Jahre lebt er in Ehrenfeld, im Schatten der geplanten Moschee. Der Stadtteil, in dem seine Großeltern noch eine Klavierfabrik führten, habe sich seitdem sehr verändert - zum Besseren.

„Die Zuwanderer, die hier sind, haben das Viertel positiv belebt." Ehrenfeld sei ein Beispiel für gelungene Integration, sagt Günter Wallraff. Hier lebten Deutsche, Türken und Menschen anderer Nationalität friedlich mit- und nebeneinander. Auf die neue Moschee freut sich der Schriftsteller. „Ehrenfeld ist nicht gerade reich an Sehenswürdigkeiten."

Von der Moschee würden Viele profitieren: allen voran die muslimische Gemeinde, aber auch die Geschäftsleute, von den Touristen, die in Zukunft nicht mehr nur den Kölner Dom besichtigen würden. Die Debatte um Größe des Geländes und Höhe der Minarette hält der Schriftsteller für zweitrangig. Viel entscheidender sei, das was im Gebetshaus stattfindet. „Dass da auch Toleranz und nicht, eine Geschlechtertrennung abläuft, die unserem Grundgesetz widerspricht." Darauf solle die Öffentlichkeit achten.

Am Ende "hät noch immer alles jot jejange"
Im Haus Scholzen, dem Stammlokal von Günter Wallraff, sitzen noch immer Helene und Werner Bierfeld. Gemeinsam mit dem Thekenpersonal und anderen Gäste sprechen sie über vergangene und kommende Tage.

Die Zeiten ändern sich, sind sich alle einige, und "am Ende hät noch immer alles jot jejange". Und: dass Ehrenfeld der schönste Flecken Erde in Köln bleibt.