Kirchen kritisieren geplatzte Opel-Übernahme durch Magna

Blankes Entsetzen

Politiker, Gewerkschaften und Kirchen haben die überraschende Entscheidung des US-Konzerns General-Motors (GM), Opel doch nicht zu verkaufen, scharf kritisiert. Der künftige katholische Bischof von Essen, Franz-Josef Overbeck, warnt vor einem neuen Kahlschlag im Ruhrgebiet. Nikolaus Schneider, Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, sprach empört von einem "starken Stück".

 (DR)

Die Entscheidung von General Motors, die deutsche Tochter Opel nicht zu veräußern, konfrontiere die Beschäftigten, "die seit Monaten in Sorge um ihre Arbeitsplätze sind, einmal mehr mit neuen Tatsachen", sagte Overbeck am Mittwoch und betonte, das Ruhrbistum stehe an der Seite der Mitarbeiter, die "um ihre Arbeitsplätze kämpfen und sogar bereit sind, Lohneinbußen zu tragen". Der Bischof warnte, ein möglicher massiver Arbeitsplatzabbau bei Opel in Bochum würde das Ruhrgebiet schwer treffen. «Nach Nokia darf es keinen zweiten Kahlschlag in der Region geben.» Betroffen wären nicht nur die Opel-Mitarbeiter selbst, sondern auch mehr als 10.000 Beschäftigte in Zuliefererbetrieben. Deshalb müsse das Opel-Werk in Bochum erhalten bleiben. «Vor allem gilt es, die Ausbildungsplätze zu erhalten, damit junge Menschen weiterhin eine berufliche Perspektive haben», fügte Overbeck hinzu.

Vorwurf des Geschacheres
Auch in der evangelischen Kirche stößt die Absage von General Motors (GM), Opel an den österreichisch-kanadischen Autozulieferer Magna und die russische Sberbank zu verkaufen, auf Kritik. „Die Manager bei GM müssen endlich begreifen, dass es sich bei den Opelanern um Menschen handelt und nicht um Lackierroboter", sagte Nikolaus Schneider, Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland. «Der GM-Verwaltungsrat führt unsere Regierung vor», kommentierte Peter Janowski am Mittwoch die neueste Wende im Poker um Opel. Für den Bundesvorsitzenden des Kirchlichen Dienstes in der Arbeitswelt (KDA) der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist das Geschacher um die europäische Tochter des US-amerikanischen Autobauers ein «gutes Beispiel dafür, dass der solidarische Beitrag der Belegschaft bei internationalen Konzernen ein relativ schwaches Gewicht hat».

Zusammenschluss der Betriebsräte

Der Bochumer Superintendent Sobiech sprach sich für ein gemeinsames Vorgehen der Betriebsräte der verschiedenen Werke in ganz Europa aus. Er verstehe die Verunsicherung der Belegschaft, sagte Sobiech dem epd. Er hoffe, dass sich die Betriebsräte der verschiedenen Werke in ganz Europa nun gemeinsam und abgestimmt für die Zukunft aller Beschäftigten einsetzen werden. Dies sei ein Lehrstück, das zeige, wie ohnmächtig Regierungen seien und welchen eingeschränkten Handlungsspielraum sie nur besäßen.

Der Rüsselsheimer evangelische Industriepfarrer Volkhard Guth sagte, die Entscheidung des GM-Verwaltungsrates, die europäischen Autowerke nun doch nicht zu verkaufen, sei eine «Katastrophe». Er erwarte nun von den Kirchen ein «deutliches Wort» für die Beschäftigten und ihre Familien.

Auch der Kirchliche Dienst in der Arbeitswelt verurteilte die Entscheidung von General Motors. Das Geschacher um die europäische Tochter des US-amerikanischen Autobauers sei ein «gutes Beispiel dafür, dass der solidarische Beitrag der Belegschaft bei internationalen Konzernen ein relativ schwaches Gewicht hat», beklagte der Bundesvorsitzende Peter Janowski.

Rüttgers: Unakzeptabel
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) sagte in Düsseldorf: «Wir werden weiter für Opel und den Standort Bochum kämpfen.» Dieses Verhalten von General Motors zeige das hässliche Gesicht des Turbokapitalismus», erklärte Rüttgers. Nach monatelangen Verhandlungen lasse die US-Unternehmensspitze die Arbeitnehmer im Regen stehen. Das sei unakzeptabel. Die Bundesregierung will für ein weiteres Vorgehen erst abwarten, welche Pläne GM vorlegen wird, wie es aus Regierungskreisen hieß. Wirtschaftsminister Brüderle erklärte, dass die Bundesregierung gezahlte Subventionen in Höhe von 1,5 Milliarden Euro zurückverlange.

Es sei zwar zu erwarten, dass nicht jeder Arbeitsplatz zu erhalten sei, sagte der Bochumer Opel-Betriebsratsvorsitzende Rainer Einenkel im WDR in Köln. Es dürfe jedoch keine betriebsbedingten Kündigungen geben. Ein Abbau von Arbeitsplätzen dürfe nur sozialverträglich umgesetzt werden. Gleichzeitig müsse eine langfristige Perspektive für die Werke erkennbar sein. Die Arbeitnehmer seien zwar weiterhin bereit, sich an den Einsparungen mit rund 265 Millionen Euro zu beteiligen. Voraussetzung dafür seien jedoch klare Zusagen über eine Zukunft.