Paritätischer Wohlfahrtsverband erwägt Ausstieg aus dem Zivildienst

Der Anfang vom Ende?

Nach der für 2011 geplanten Verkürzung des Wehr- und damit auch des Zivildienstes bereitet die erste Organisation den Ausstieg aus dem Zivildienst vor. Der Paritätische Wohlfahrtverband sieht den "Anfang vom Ende des Zivildienstes" gekommen und schlägt bereits eine andere Lösung vor. Vertreter von Kirchen, Caritas und Diakonie hatten sich bislang kritisch bis gelassen zu den Plänen von Schwarz-Gelb geäußert.

 (DR)

Die Kürzung des Zivildienstes von neun auf sechs Monate läute "den Anfang vom Ende des Zivildienstes überhaupt" ein, sagte der Hauptgeschäftsführer des Verbandes, Ulrich Schneider, dem "Kölner Stadt-Anzeiger". Auf dieser Grundlage lasse sich der Zivildienst nicht mehr vernünftig nutzen. "Unsere Mitgliedsorganisationen haben bereits signalisiert, dass sie die Stellen dann zurück geben und nicht mehr besetzen werden."

Unter dem Dach des Wohlfahrtsverbandes arbeiten 500.000 Menschen, 15.000 davon sind Zivildienstleistende. Im Rettungsdienst, so Schneider, dauere die Ausbildung auf den Fahrzeugen drei Monate. "Da bringen sechs Monate dann gar nichts mehr. Bei der Pflege, in Kindergärten oder der Arbeit mit Behinderten kann man es den Menschen einfach nicht zumuten, alle halbe Jahre die Bezugsperson zu wechseln." Auch den Einsatzstellen könne man nicht zumuten, stets neue Leute einarbeiten zu müssen.

Plan B
Allerdings gebe es die Möglichkeit, den Verlust durch Freiwillige "zu kompensieren, wenn die Politik mitspielt" und mehr Geld bereitstelle, ergänzte der Hauptgeschäftsführer. Nach Angaben der Zeitung stehen den bundesweit 85.000 Zivildienstleistenden im Jahr 2009 rund 35.000 junge Menschen gegenüber, die ein freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr absolvieren. Die Zahl der Bewerber ist demnach ungefähr doppelt so hoch. Die Stellen werden von Bund und Ländern finanziert; der Bund gibt in diesem Jahr 19,2 Millionen Euro. Nach Auskunft des Wohlfahrtsverbandes müsste er 60 Millionen Euro jährlich zuschießen, damit das Loch, das die Zivildienstleistenden hinterlassen, gestopft werden könnte.

Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesfamilienministerium, Hermann Kues (CDU), erklärte dem "Kölner Stadt-Anzeiger", ein Ausweg sei die freiwillige Verlängerung des Zivildienstes, da dieser auch eine wichtige "Zubringerfunktion für Pflegeberufe" habe.

Bode: Kein Ausstieg der Kirche aus dem Zivildienst
Der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode sieht für die katholische Kirche keinen Anlass, aus einem verkürzten Zivildienst auszusteigen. Er sei nicht glücklich darüber, dass auch der Zivildienst im Zuge der geplanten Wehrdienstverkürzung künftig nur noch sechs Monate dauern soll, sagte der Bischof Ende Oktober nach Bekanntwerden der Pläne.

"Wenn es um Beziehungen zu Menschen geht und um Bildung, dann ist das sehr kurz", fügte Bode zur Begründung hinzu. Wenn die Kirche jungen Menschen aber soziale Lernfelder anbieten wolle, dann müsse sie auch weiterhin Zivildienststellen zur Verfügung stellen. Der Bischof plädierte dafür, eine freiwillige Verlängerung des Zivildienstes zu ermöglichen. Die Kirche würde das unterstützen.

Dr. Frank Hensel, Diözesan-Caritasdirektor im Erzbistum, kritisierte die Reduzierungsplänen moderat. Die verkürzte Dienstzeit verschlechtere die Rahmenbedingungen für die Einrichtungen erheblich. "Gerade im wichtigen Bereich persönlicher Betreuung und Begleitung werden die Beziehungsabbrüche immer kurzfristiger", sagte Hensel gegenüber domradio. Einen Ausstieg kündigte er aber nicht an.

Die Diakonie in Niedersachsen kritisierte die geplante Verkürzung des Wehr- und Zivildienstes von neun auf sechs Monate dagegen scharf. «Diese Reform ist nicht zu Ende gedacht und geht zulasten der jungen Männern und ihrer Familien», sagte der Diakonie-Referent für den Zivildienst, Theo Lampe. Viele Pflegeeinrichtungen können und wollen Lampe zufolge bei einer verkürzten Dienstzeit keine Zivis mehr beschäftigen. Urlaub und Ausbildung nähmen allein schon rund sieben Wochen in Anspruch. «Dann stünden die Zivis ihren Einrichtungen gerade einmal vier Monate zur Verfügung. Das lohnt sich für viele nicht.»