Nun auch zu Guttenberg gegen "beschönigende Bezeichnungen" - pax christi begrüßt Wende

"Krieg" in Afghanistan

Was die internationale katholische Friedensbewegung pax christi schon seit Jahren fordert, hat nun auch der neue Verteidigungminister zu Guttenberg eingesehen: Erstmals hat er im Zusammenhang mit dem Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan von "Krieg" gesprochen und sich gegen beschönigende Bezeichnungen gewandt. pax christi begrüßt gegenüber domradio.de diese Wende und fordert weiterhin eine Exit-Strategie.

 (DR)

"Ich selbst verstehe jeden Soldaten, der sagt: 'In Afghanistan ist Krieg, egal, ob ich nun von ausländischen Streitkräften oder von Taliban-Terroristen angegriffen, verwundet oder getötet werde.", sagte Guttenberg der "Bild"-Zeitung. "Der Einsatz in Afghanistan ist seit Jahren auch ein Kampfeinsatz. Wenigstens in der Empfindung nicht nur unserer Soldaten führen die Taliban einen Krieg gegen die Soldaten der internationalen Gemeinschaft."

Zwar sei das Völkerrecht eindeutig und sage, dass Kriege nur zwischen Staaten stattfinden können. Er glaube aber nicht, dass ein Soldat Verständnis habe für "notwendige juristische, akademische oder semantische Feinsinnigkeiten". "Manche herkömmliche Wortwahl passt für die Bedrohung von heute nicht mehr wirklich", sagte der Minister.

Friedensbewegung und Bundeswehrverband begrüßen Wende
Die internationale katholische Friedensbewegung pax christi fordert schon seit langem eine ehrliche Bilanzierung des Militäreinsatzes und eine Exitstrategie. Generalsekretärin Christine Hoffmann, erklärte im Interview mit dem domradio Köln: "Tatsache ist, dass beim Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan Soldaten sterben. Für die Gefallenen macht es keinen Unterschied, ob von Krieg oder Kampfeinsatz gesprochen wird. Deutschland steht gegenüber den Soldat/innen und deren Familien in der Verantwortung.

Zur neuen Wortwahl des Verteidigungsministers erklärte Hoffmann am Dienstag: "Glückwunsch, Herr Verteidigungsminister! Der erste Schritt  Richtung Wirklichkeit ist getan: der als Krieg erlebte Afghanistaneinsatz wird auch Krieg genannt. Jetzt geht es noch darum, diesen Krieg zu beenden. Dazu können Sie viel beitragen. Als erstes steht eine Exitstrategie an."

Auch der Deutsche Bundeswehrverband lobt die Einschätzung des neuen Verteidigungsministers. Der Minister zeige, «dass er den Puls der Truppe fühlt», sagte Verbandschef Ulrich Kirsch der «Leipziger Volkszeitung». Und dazu gehöre die Erkenntnis, «dass die Soldatinnen und Soldaten, die in Kundus jeden Tag im Kampf stehen, dabei Tod und Verwundung erleben und selber töten müssen, diese Situation als Krieg empfinden.»

Er habe den Eindruck, dass Guttenberg «führen» wolle, sagte Kirsch weiter. Darüber könnten «alle Beteiligten in den Streitkräften froh sein», Nach der Zeit seines Vorgängers Franz Josef Jung (CDU) sei ein derart medientauglicher Minister wie Guttenberg «eine Chance für die Bundeswehr».

Man befinde sich am Hindukusch in einem Konflikt, bei dem reguläre Streitkräfte aufständischen Guerillakriegern gegenüberstünden, konstatierte der Oberst. «Wir erleben in Afghanistan die Fortsetzung des Bürgerkriegs.»