BDKJ warnt vor Gleichsetzung von Zivil- und Freiwilligendienst

"Nicht so einfach, wie es sich manche vorstellen"

In der Debatte um die geplante Kürzung von Wehr- und Zivildienst hat der Bund der Deutschen Katholischen Jugend davor gewarnt, "leichtsinnig" auf den Freiwlligendienst zu setzen. Im domradio-Interview betont der Bundespräses, Pfarrer Simon Rapp, dass sich die Rahmenbedingungen grundlegend ändern müssten bei einem Aus der gegenwärtigen Praxis.

 (DR)

domradio: Ein sechsmonatiger Zivildienst lässt sich nicht mehr vernünftig nutzen, sagt der Paritätische Wohlfahrtsverband. Wie beurteilen sie die Kürzung von neun auf sechs Monate?
Rapp: Beim Zivildienst kommt es sicherlich immer auf die Art der Stelle an. Es gibt sicherlich Stellen, bei denen eine Einarbeitung bei nur sechs Monaten noch immer lohnen würde. Bei der Bundeswehr haben wir ja einen ähnlichen Fall. Sechs Monate reichen, um einen Einblick zu erhalten. Aber der Rest wird dann ja oft sinnlos genutzt.

domradio: Unter dem Dach des Wohlfahrtsverbandes arbeiten 15.000 Zivildienstleistende, z. Bsp. im Rettungsdienst, in Kindergärten oder in der Arbeit mit Behinderten. Welche Auswirkungen hat das denn für die jungen Menschen, wenn jetzt diese Stellen verkürzt werden sollen?
Rapp: Es kommt jeweils darauf an, in welcher Lebenslage gerade die Einberufung zur Wehrpflicht oder zum Ersatzdienst für die jungen Menschen trifft. Ob sie ohnehin Zeit zum Überbrücken brauchen und die Zeit sinnvoll nützen können oder ob sie die restliche Zeit, die sie eigentlich schon verplant haben bis zur Aufnahme von Studium oder Ausbildung, nicht nutzen können.

domradio: Als Alternative werden nun die Freiwilligendienste ins Spiel gebracht...
Rapp: Sicherlich lassen sich fast alle Zivildienststellen in Stellen für Freiwilligendienste umwandeln - aber dazu müssen Anreize geschaffen werden. Und dazu muss auch klar sein, dass der Freiwilligendienst einen anderen Charakter als den Zivildienst hat.

domradio: Welchen?
Rapp: Der Zivildienst ist zunächst einmal ein Pflichtdienst, der Ersatz für die Wehrpflicht. Der Freiwilligendienst ist ein freiwilliger, bei dem sich ein junger Mensch entscheidet, ein Jahr seines Lebens in den Dienst der Gesellschaft zu stellen, nach dem Motto "gut für mich und wertvoll für andere". Dazu bietet der Staat dann Rahmenbedingungen und private Träger bieten die Möglichkeit, dass sich junge Menschen dort einbringen können. Und genau in diesem Unterschied zwischen Pflicht und freiwillig muss man bei der ganzen Debatte bedenken. Dann, wenn man zu leichtsinnig davon spricht, Freiwilligendienstler anstelle von Zivildienstleistenden zu nehmen.

domradio: In diesem Jahr stehen bundesweit 85.000 Zivildienstleistende rund 35.000 jungen Menschen gegenüber, die ein freiwilliges soziales Jahr machen oder ein so genanntes ökologisches Jahr. Wo sieht der Unterschied bei der Finanzierung aus?
Rapp: Die Finanzierung wird noch sehr unterschiedlich gehandhabt. Wenn es notwendig wird, dass einfach mehr Freiwilligendienstler gebraucht werden, muss der Staat auch mehr Geld dafür bereitstellen, dass diese Stellen dann auch geschaffen werden können. In einem großen Bereich lassen sich Zivildienststellen umwandeln. Aber es ist nicht so einfach, wie es sich manche vorstellen.

domradio: Wo sehen Sie eine Lösung?
Rapp: Wenn der Bund die Rahmenbedingungen schafft, dass mehr Stellen geschaffen werden können, kann das für alle Beteiligten durchaus eine lukrative und attraktive Lösung sein - dazu muss man wissen, dass es schon heute mehr Bewerber als Stellen gibt. Aber man muss sich immer dessen bewusst sein: Es geht um Freiwilligendienste und nicht um eine Restrukturierung der Zivildienststellen.