Köln feiert Auftakt der Interkulturellen Woche

Brücke zwischen den Kulturen

Seit 1975 findet jedes Jahr bundesweit die Interkulturelle Woche der christlichen Kirchen statt, in Köln feierte sie am Montag ihren Auftakt. Im domradio-Film betonen OB Jürgen Roters und Tayfun Keltek vom Ausländerbeirat die Bedeutung der Woche für das gegenseitige Verständnis der Kulturen.

 (DR)

Bundesweite beteiligen sich mittlerweile mehr als 270 Städte und Gemeinden mit insgesamt etwa 3.000 Veranstaltungen. Organisiert und getragen werden die Programme vor Ort zumeist von Bündnissen, in denen sich Vertreter von Kirchengemeinden, der Kommunen, von Migrantenorganisationen, von unterschiedlichen Einrichtungen, Vereinen oder Initiativen sowie interessierte Einzelpersonen engagieren.

Bis heute ist das Eintreten für bessere politische und rechtliche Rahmenbedingungen des Zusammenlebens von Deutschen und Zugewanderten ein Ziel der "Woche" geblieben. Aber auch durch Begegnungen und Kontakte im persönlichen Bereich ein besseres gegenseitiges Verständnis zu entwickeln und zum Abbau von Vorurteilen beizutragen, ist ein zentrales Anliegen der Initiative. Deshalb werden die Informationsveranstaltungen durch Feste und Begegnungen sowie Theater- und Filmvorführungen und Lesungen von Künstlerinnen und Künstlern ergänzt.

Eine Initiative, die gesellschaftliche Diskussionen anstößt
Es waren aktuelle gesellschaftliche Beobachtungen, die die großen christlichen Kirchen in Deutschland im Jahr 1975 veranlassten, den "Tag des ausländischen Mitbürgers", aus dem sich dann die heutige Interkulturelle Woche / Woche der ausländischen Mitbürger entwickelt hat, ins Leben zu rufen.

Nach dem Anwerbestopp 1973 war deutlich geworden, dass die anfängliche Annahme, ausländische Arbeitskräfte würden sich nur vorübergehend in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten wollen, um in absehbarer Zeit wieder in ihre Herkunftsländer zurückzukehren, eine folgenschwere Fehleinschätzung darstellte.

Seither gilt das dem Schweizer Schriftsteller Max Frisch zugeschriebene Wort: "Es wurden Arbeitskräfte gerufen, es kamen aber Menschen!" Fehlende politische Rahmenbedingungen, fehlende soziale wie gesellschaftliche Integrationsangebote machten in der Folge nicht nur den "Gastarbeitern", sondern auch der deutschen Mehrheitsbevölkerung zu schaffen. Die Arbeitsmigranten sahen sich bestenfalls der Erwartung gegenüber, sich vollständig an die deutsche Gesellschaft anzupassen und ihrer Werteordnung unterzuordnen.

Mit dem Tag bzw. der Woche der ausländischen Mitbürger wurden gesellschaftliche Diskussionen angestoßen, die bis heute wirken. 1978 formulierten die Kirchen in ihrem gemeinsamen Wort zum "Tag des ausländischen Mitbürgers": "Für viele ... ist die Bundesrepublik zum Einwanderungsland geworden." Über Jahrzehnte hinweg galt als Dogma der deutschen Ausländerpolitik: "Deutschland ist kein Einwanderungsland".
Im Jahre 1980 veröffentlichte der Ökumenische Vorbereitungsausschuss Thesen zur "Woche". Die erste These lautete: "Wir leben in der Bundesrepublik in einer multikulturellen Gesellschaft." Dies war der Anstoß für eine lebhafte Debatte, die sich über die 80er und 90er Jahre hinzog und später von Politikern aufgegriffen wurde.

Den christlichen Kirchen ist es darüber hinaus in den zurückliegenden Jahren gelungen, die Herausforderungen durch Migration und Flucht im Kontext einer verschärften Ausländerpolitik öffentlich zu machen und auf diese Weise zum Anwalt von Flüchtlingen zu werden, die in Deutschland Zuflucht suchen. Dies hat auch darin Ausdruck gefunden, dass bereits seit 1986 in der Interkulturellen Woche mit dem Tag des Flüchtlings auf die besondere Situation von Flüchtlingen hingewiesen wird.

Der Name ist Programm
1975 wurde der "Tag des ausländischen Mitbürgers" von den Kirchen initiiert. Damit wurde eine gesellschaftliche Aussage gemacht, die in deutlichem Widerspruch zur damals vorherrschenden politischen Auffassung stand.

In den 70er Jahren wurden die Migranten vor allem als "Gastarbeiter" betrachtet. Das Bewusstsein, in den Zugewanderten und ihren Familien ausschließlich "Gastarbeiter" zu sehen, verschloss die Augen vor der notwendigen Integrationsanstrengung, die von Einheimischen wie Zugewanderten zu erbringen war und ist.

Bereits in den 80er Jahren setzte eine Debatte über die Namensgebung der "Woche" ein. Im Materialheft des Ökumenischen Vorbereitungsausschusses aus dem Jahr 2000 wurde rückblickend folgendes formuliert: "Viele fühlen sich von dem Namen ,Woche der ausländischen Mitbürger' nicht angesprochen. Sie sehen sich als Inländer, auch wenn sie vielfach noch einen ausländischen Pass haben. Der Begriff "Mitbürger" war in den 80er Jahren ein Markenzeichen, der das Ziel einer möglichst weiten Gleichberechtigung der Eingewanderten mit den hier Lebenden zutreffend bezeichnete. Mittlerweile betrachten viele Eingewanderte diesen Begriff als nicht mehr zutreffend. Sie sehen sich als gleichwertige Bürger dieses Landes. Auch Frauen fühlen sich durch den Namen "Woche der ausländischen Mitbürger" nicht mehr angesprochen. All dies waren Gründe für den Ökumenischen Vorbereitungsausschuss nach einer intensiven Diskussion ergänzend zu dem Namen "Woche der ausländischen Mitbürger" 1991 den Namen "Interkulturelle Woche" einzuführen. Mittlerweile hat sich der Name Interkulturelle Woche in der Öffentlichkeit durchgesetzt."

Koordination und Unterstützung
Die Interkulturelle Woche ist eine Initiative der Deutschen Bischofskonferenz, des Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland und der Griechisch-Orthodoxe Metropolie. Die Initiative wird von den Gewerkschaften, Wohlfahrtsverbänden, Kommunen, Ausländerbeiräten, Ausländerbeauftragten und deutsch-ausländischen Initiativgruppen unterstützt und mitgetragen. Zur Vorbereitung der "Woche" wurde der Ökumenische Vorbereitungsausschuss eingerichtet. Er veranstaltet jährlich im Februar eine Vorbereitungstagung zur "Woche", an der rund 150 Multiplikatoren aus den Bereichen Migration, Integration und Flucht teilnehmen und die inhaltliche und politische Schwerpunktsetzung der kommenden Interkulturellen Woche erarbeiten. In der Folge werden Materialien erarbeitet, die sowohl den Akteuren vor Ort eine Orientierung sein wollen als auch für die Verbreitung an Informationsständen oder bei Veranstaltungen geeignet sind. Die inhaltliche Ausrichtung der "Woche" wird von einem Motto getragen, das in der Regel für zwei Jahre entwickelt wird.

Diese lauteten in der Vergangenheit bis heute:
1975: Miteinander für Gerechtigkeit
1978: Für eine gemeinsame Zukunft
1980: Verschiedene Kulturen - Gleiche Rechte. Für eine gemeinsame Zukunft
1982/1983: Ängste überwinden - zur Nachbarschaft finden
1984/1985: Nachbarschaft, die Frieden schafft
1986/1987/1988: Gemeinsam leben, gemeinsam entscheiden
1989/1990: Die Würde des Menschen ist unantastbar
1991/1992: Viele Kulturen - eine Zukunft
1993/1994: Frieden gestalten - Gewalt überwinden
1995/1996: Miteinander für Gerechtigkeit
1997/1998: Offen für Europa - offen für andere
1999: Verschiedene Menschen - gleiche Würde
2000: Die Würde des Menschen ist unantastbar
2001/2002: Rassismus erkennen - Farbe bekennen
2003/2004: Integrieren statt ignorieren
2005/2006: Miteinander Zusammenleben gestalten
2007/2008: Teilhaben - Teil werden!

(dr, EKD)