Katholische Kirche begrüßt Koalitionsvertrag in weiten Teilen

Soziale Gerechtigkeit im Blick haben

Angesichts von Wirtschaftskrise und Staatsverschuldung hat der Leiter des Katholischen Büros bei der Bundesregierung, Prälat Karl Jüsten, an die künftige Regierung appelliert, bei allen Entscheidungen die soziale Gerechtigkeit im Blick zu haben. Dazu gehöre auch eine nachhaltige Finanzpolitik, die ihre Verantwortung gegenüber kommenden Generationen wahrnehme.

 (DR)

Jüsten warnte am Dienstag im Interview mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) vor «Steuererleichterungen auf Pump». Bei der Steuerreform sei auf die soziale Symmetrie zu achten.

Erfreut äußerte sich Jüsten, dass der Koalitionsvertrag die gesellschaftlichen Bedeutung der Kirchen hervorhebe. Er verwies dabei auf die Formulierung, wonach von einer «unverzichtbaren Rolle bei der Vermittlung der unserem Gemeinwesen zugrundeliegenden Werte» die Rede sei. Das Angebot von Union und FDP, den Dialog mit den Kirchen und Glaubensgemeinschaften zu intensiveren, nehme Jüsten dankbar auf.

Der Prälat begrüßte zugleich die geplante Einführung eines Betreuungsgeldes ab 2013. Dies schaffe wirkliche Wahlfreiheit und würdige den Einsatz auch jener Eltern, die sich in den ersten Lebensjahren ganz der Kindererziehung widmen. Als wichtigen Schritt bewertete er die geplanten raschen Entlastungen für die Familien, «auch wenn sie nicht so umfangreich ausfallen, wie zunächst erhofft».

Positiv bewertete Jüsten, dass die kommende Regierung einen Schwerpunkt auf die Bildungspolitik legen wolle. Bemerkenswert sei dabei, dass die Koalitionspartner die Ganzheit der Persönlichkeitsentwicklung betonten und Bildung als «Bedingung für die innere und äußere Freiheit des Menschen» und als Voraussetzung für «geistige Selbstständigkeit, Urteilsvermögen und Wertebewusstsein» verstünden.

In der Entwicklungszusammenarbeit mahnte Jüsten den Erhalt eines eigenständigen Ministeriums an. Die Entwicklungszusammenarbeit dürfe nicht allein einer nationalen Interessenpolitik untergeordnet werden. Das gelte gerade beim Kampf gegen Armut und soziale Ungerechtigkeit. Erfreut zeigte er sich, dass die Kirchen ausdrücklich als Partner der Entwicklungszusammenarbeit genannt werden.

Mit Blick auf die Forschung mit menschlichen Stammzellen äußerte er sich erleichtert, dass laut Koalitionsvertrag in der kommenden Legislaturperiode zumindest keine weiteren Liberalisierungen geplant seien. Bei der Integration begrüßte Jüsten, dass die Koalition Migranten gezielter fördern wolle. Dazu gehöre auch die Ankerkennung von im Ausland gemachten Berufsabschlüssen. Positiv wertete er zudem die bessere Absicherung von Sprachkursanbietern sowie den Ausbau der Kurse.

Deutliche Bedenken äußerte Jüsten hingegen an der Beibehaltung der geltenden Regeln für den Ehegattennachzug. Es sei aber richtig, die Sprachförderung im Heimatland sowie nach der Einreise in Deutschland zu verbessern. Die geplante Evaluierung von Sachleistungen beim Asylbewerberleistungsgesetz sowie die Lösungssuche für Kettenduldungen wertete er als Schritte in die richtige Richtung. Positiv hob er hervor, dass die Koalition künftig Kindern ohne Aufenthaltsrecht den Schulbesuch ermöglichen will.