In vielen Ländern wird gerade über neue Abtreibungsgesetze gestritten

Demonstrationen und Debatten

Demonstrationen in Peru und Spanien, hitzige Debatten in Italien und den USA. Neue Abtreibungsgesetze und Regierungspläne bewegen die Menschen in vielen Ländern. Die Position der Katholischen Kirche ist eindeutig: für ein unbedingtes Lebensrecht. domradio.de mit einem Überblick der aktuellen Auseinandersetzungen.

 (DR)

Peru: Neues Abtreibungsgesetz sorgt für hitzigen Streit
Ein neues Abtreibungsgesetz sorgt zurzeit in Peru für heftige Auseinandersetzungen. Frauenrechtler, die es Schwangeren selbst überlassen wollen, ob und wann sie einen Fötus abtreiben, liefern sich erbitterte Gefechte mit Abtreibungsgegnern. Unter der Woche musste die Polizei in Lima rigoros einschreiten, um die tätlichen Auseinandersetzungen zu beenden.

Bislang ist Abtreibung in dem Andenstaat nur erlaubt, wenn das Leben der werdenden Mutter in Gefahr ist. Nun geht es darum, ob die Frau ein "Recht" bekommen soll, die Schwangerschaft zu abzubrechen, wenn sie Opfer einer Vergewaltigung war oder der Fötus schwere Missbildungen aufweist. Über eine Ausweitung des Paragrafen diskutiert ab Dezember das Parlament.

In der Bevölkerung ist das Vorhaben umstritten. Laut Umfrage der Universität von Lima sprechen sich 59 Prozent der Peruaner für eine straffreie Abtreibung aus, wenn das Leben der Mutter in Gefahr ist. Rund 48 Prozent sind dafür, wenn eine Vergewaltigung vorangegangen ist. Vor allem die einflussreiche katholische Kirche des Landes ist mit ihrem strikten Lebensschutz ins Visier radikaler Reformbefürworter geraten. Ordensfrauen wurden mit sexistischen Parolen angegriffen; Kirchenvertreter sind Zielscheibe heftiger Kritik.

Spanien: Neues Recht wäre eines der liberalsten der Welt
In Spanien hat Ende September das Kabinett eine Gesetzesvorlage gebilligt, die eine deutliche Lockerung des Abtreibungsrechts vorsieht. Schwangerschaftsabbrüche sollen dann bis zur 14. Woche straffrei bleiben, bei gesundheitlichen Gefahren für die Frau oder schweren Missbildungen des Fötus sogar bis zur 22. Woche - und auch später soll mit Einverständnis eines Ärztekomitees ein Abtreibung möglich sein.

Besonders umstritten ist, dass der Vorlage zufolge minderjährige Mädchen ab 16 Jahren ohne Wissen und Einverständnis ihrer Eltern abtreiben lassen dürfen. Dem Vorhaben muss nun noch das Parlament mit absoluter Mehrheit zustimmen. Sollte der Gesetzentwurf im Winter oder spätestens im kommenden Frühjahr vom Parlament beschlossen werden, wird Spanien eines der liberalsten Abtreibungsrechte der Welt haben. Das geplante "Gesetz über Sexual- und Fortpflanzungsgesundheit" würde den Zugang zur Abtreibung sogar kostenlos gewähren und außerdem das Recht von Ärzten und Krankenschwestern beschneiden, aus Gewissensgründen nicht an einer Abtreibung teilzunehmen.

Momentan gelten noch die Gesetze von 1985; Abtreibungen in Spanien sind grundsätzlich verboten. Die Regelung gestattet nur drei Ausnahmefälle: Vergewaltigung, Missbildung des Fötus sowie eine Gefährdung der physischen oder psychischen Gesundheit der werdenden Mutter. Mehr als eine Million Spanier hatten zuletzt in Madrid bei einer Großkundgebung gegen die geplante Liberalisierung des Abtreibungsrechts demonstriert, auch die Bischofskonferenz kritisierte die Pläne scharf.  

Italien: Arzneimittelbehörde lässt Abtreibungspille zu
Die italienische Arzneimittelbehörde hat in diesem Monat nach einem fünfjährigen Prüfverfahren die Abtreibungspille RU 486 zugelassen. Die Abgabe von Mifegyne für Schwangerschaftsabbrüche ist ausschließlich im Rahmen stationärer Krankenhausaufenthalte erlaubt. Das Zulassungsverfahren war von heftigen Debatten begleitet worden.

Kritiker der Abtreibungspille begrüßten die Entscheidung, das Mittel nur im Krankenhaus einzusetzen. Damit werde eine drohende Zunahme von Schwangerschaftsabbrüchen vermieden. Der emeritierte Präsident des Päpstlichen Gesundheitsrats, Kardinal Javier Lozano Barragán, forderte Krankenhausärzte auf, die Verabreichung von RU 486 aus Gewissensgründen zu verweigern.

Das Zulassungsverfahren war nach der Einrichtung einer parlamentarischen Untersuchungskommission zu möglichen Nebenwirkungen der Pille vorübergehend ausgesetzt worden. Das Gremium war nach Berichten über Todesfälle eingerichtet worden, die angeblich in Verbindung mit RU 486 stehen. Die Kommission wird im November ihre Arbeit abschließen. In anderen europäischen Ländern wie Deutschland ist die Abtreibungspille bereits seit längerer Zeit zugelassen.

USA: Kirche tut sich schwer mit Reformen Obamas
In den USA sorgt das Thema Abtreibung seit dem Amtsantritt von Präsident Barack Obama für Diskussionen. Im Streit um seine Gesundheitsreform hat die Bischofskonferenz bereits mehrmals die Regierung aufgefordert, den Gesetzentwurf neu zu formulieren - sonst könnten, warnen die Bischöfe, Abtreibungen vom Staat bezahlt werden.

Das Weiße Haus hatte dem widersprochen und sich auf das sogenannte Hyde-Amendment berufen. Dieses Gesetz von 1976, nach seinem Initiator Henry J. Hyde benannt, legt fest, dass für Schwangerschaftsabbrüche im Rahmen des staatlichen Medicaid-Krankenversicherungssystems keine Bundesmittel verwendet werden dürfen.

Papst Benedikt XVI. hatte in der Vergangenheit das Abtreibungsrecht der USA wiederholt scharf kritisiert.  Eine Gesellschaft, die Werte wie die Menschenrechte propagiere, anderseits jedoch radikal gegen diese verstoße, entbehre einer stabilen Grundlage, so Benedikt mit einem Zitat aus der Enzyklika "Evangelium vitae" seines Vorgängers Johannes Paul II.. Im Hinblick auf das liberale Abtreibungsrecht der USA wies er auf den "untrennbaren Zusammenhang zwischen der Ethik des Lebens und jedem anderen Aspekt sozialer Ethik" hin.