Zweiter Wahlgang in Afghanistan am 7. November - Bundesregierung mahnt zu Besonnenheit

Stichwahl am Hindukusch

Afghanistans Präsident Hamid Karsai muss sich einer Stichwahl stellen. Die Wahlkommission in Kabul setzte am Dienstag den 7. November als Termin fest. Zuvor hatte die von den Vereinten Nationen geleitete Beschwerdekommission eine Million Karsai-Stimmen aus dem ersten Wahlgang am 20. August für ungültig erklärt. Damit erreichte er keine absolute Mehrheit.

Autor/in:
André Spangenberg
 (DR)

In einer Fernsehansprache erklärte sich Karsai zu einer zweiten Wahlrunde bereit. Eine Stichwahl werde «den Weg zur Demokratie stärken», sagte er. Damit beugte sich Karsai dem Druck westlicher Staaten. Einen Tag zuvor hatte sein Wahlkampfteam sich dem Urteil der Beschwerdekommission noch verweigert. Karsais Herausforderer in der Stichwahl ist der frühere Außenminister Abdullah Abdullah, der im August auf 28 Prozent der Stimmen kam.

Die USA, Deutschland und die Vereinten Nationen begrüßten Karsais Zustimmung. US-Präsident Barack Obama sprach von einem wichtigen Schritt zu einem glaubwürdigen Wahlprozess. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon sicherte Afghanistan die volle Unterstütztung für die zweite Wahlrunde zu.

Auch die Bundesregierung äußerte sich positiv. «Wichtig ist, dass alle Beteiligten jetzt verantwortungsvoll, ruhig und besonnen mit der Lage umgehen und für einen glaubwürdigen Fortgang des Wahlprozesses sorgen», sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes dem epd.

Die Wahlen vom 20. August waren von Terroranschlägen, Betrugsvorwürfen und Boykottaufrufen der radikal-islamischen Taliban überschattet. Die Beteiligung fiel mit rund 30 Prozent recht niedrig aus. Der Streit um das Wahlergebnis zog sich über zwei Monate hin und lähmte die Politik des Landes. Nach dem vorläufigen Ergebnis hatte Karsai 54,6 Prozent der Stimmen bekommen. Jetzt sind es noch 48 Prozent.

Die Wahlbeschwerdekommission hatte am Montag insgesamt ein Viertel der abgegebenen Stimmen wegen dem Verdacht der Fälschung für ungültig erklärt. Damit wurden die Weichen für eine Stichtwahl gestellt. Es war aber zunächst nicht klar, ob die Wahlkommission der Beschwerdestelle folgen würde.

Viele Afghanen sehen auch einem zweiten Wahlgang mit Skepsis entgegen. Wieder wird mit Gewalt und Drohungen gerechnet. In einigen Gebieten des Landes könnte zudem ein früher Wintereinbruch die Vorbereitungen und die Stimmabgabe behindern. Die Stichwahl in Afghanistan hat auch Auswirkungen auf die Politik und Militärstrategie der USA. Washington will erst über eine Aufstockung der Truppen entscheiden, wenn es eine gewählte Regierung in Kabul gibt.