Schweinegrippe-Impfstoff wird ausgeliefert - Virologe zur angeblichen Politiker-Bevorzugung

"Eine sehr unglückliche Diskussion"

In Deutschland wurden am Montag die ersten Impfstoff-Dosen gegen die Schweinegrippe ausgeliefert. "Eine hervorragende Leistung", lobt der Prof. Ortwin Adams. Im domradio-Interview ruft der Virologe dazu auf, sich impfen zu lassen und verteidigt die Bundesregierung gegen Berichte über eine angebliche Bevorzugung von Politikern.

 (DR)

domradio: Im Moment verläuft die Schweinegrippe meist ja sehr harmlos - es gab erst zwei Tote in Deutschland - ist es überhaupt sinnvoll, sich impfen lassen?
Adams: Es ist in jedem Fall sinnvoll. Man muss schauen, was im Ausland geschieht. In einigen Ländern gab es deutlich mehr Erkrankte und Tote. Wir müssen uns darauf einstellen, dass wir auf den Winter zulaufen. Bekanntermaßen gewinnt die Influenza in dieser Zeit immer an Aktivität. Deshalb war es sehr sinnvoll, sich so um den Impfstoff zu bemühen und das tatsächlich zeitgerecht fertig bekommen hat. Eigentlich ist das eine hervorragende Leistung.

domradio: Wirkt der Impfstoff gegen Schweinegrippe auch gegen die normale Influenza?
Adams: Nein, das tut er nicht. Es handelt sich um ein neues Influenza-Virus, und wir haben getrennte Impfstoffe. Einmal für die saisonale Influenza und jetzt auch für die so genannte Schweine-Influenza. Man darf jetzt allerdings nicht denken, diese Influenza sei harmlos, nur weil wir bislang relativ wenige Komplikationen beobachtet haben. Wir haben im letzten Jahrhundert mehrfach die Situation gehabt, dass so ein neues Virus auftauchte. Und mehrfach war die erste Welle, die wir gerade erleben, relativ harmlos. Aber dann hat das Virus seinen Charakter verändert. Dann folgte oft eine zweite erheblich gefährlichere Welle, bei der mehr Menschen erkrankten und starben. Aus der Erfahrung heraus wurde jetzt beschlossen, einen Impfstoff zu entwickeln.

domradio: Jetzt herrscht gerade große Verwirrung, weil es heißt Bundesregierung Spitzenbeamte und Politiker bekommen einen alternativen Schweinegrippe-Impfstoff   - die Rede ist von einer Zwei-Klassen-Impfung: Was steckt dahinter?
Adams: Das ist leider eine sehr unglückliche Diskussion. Es gibt mehrere Impfstoffe, die noch vor wenigen Monaten als weitgehend gleichwertig angesehen wurden. Man hat sich dann entschieden, weil man sehr viele Impfstoffdosen herstellen musste, diesen Impfstoff herzustellen, der den so genannten Verstärker hat. Aber auch mit dem - bei ähnlichen Impfstoffen - haben wir bereits mehr zehn Jahre Erfahrung mittlerweile. Es ist nicht wirklich so, dass diese Verstärker völlig neu sind. Es ist beschlossen worden, dass dieser Impfstoff in Millionendosen für die Bevölkerung hergestellt werden soll. Die Bundesregierung hatte wohl bereits für sich selber und die Bundeswehr bei einer anderen Firma einen Vertrag abgeschlossen. Das ist aber nur eine formale Geschichte und hat nichts mit Qualitätsunterschieden zu tun.

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