Welternährungstag: Kirche und Hilfswerke fordern zum Handeln auf

"Der Zugang zu Nahrung ist ein Grundrecht"

Am Welternährungstag haben Kirche und Hilfswerke zum verstärkten Kampf gegen den Hunger auf der Welt aufgerufen. Papst Benedikt XVI. betonte das Menschenrecht Zugang zu angemessener Nahrung. Cornelia Füllkrug-Weitzel, Direktorin des Hilfswerks "Brot für die Welt", forderte im domradio-Interview die Bundesregierung auf, die kleinbäuerliche Landwirtschaft in Entwicklungsländern stärker zu fördern.

 (DR)

Benedikt XVI. rief die internationale Gemeinschaft zu mehr Hilfe für die Landwirtschaft in armen Staaten. "Der Zugang zu Nahrung ist weniger ein Bedürfnis als ein Grundrecht von Personen und Völkern", sagte der Papst am Freitag in einer Botschaft zum Welternährungstag. Nach Angaben der UN-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft (FAO) sind jährlich 44 Milliarden US-Dollar zur Stärkung des Agrarsektors in Entwicklungsländern nötig.

Benedikt XVI. forderte die Staaten auf, sich entschiedener für eine ausreichende Nahrungsmittel-Versorgung in armen Ländern einzusetzen. Das "Drama des Hungers" könne die internationale Gemeinschaft überwinden, wenn sie die strukturellen Ursachen beseitige und "die landwirtschaftliche Entwicklung der ärmsten Länder fördert". Erforderlich seien unter anderem Investitionen in die ländliche Infrastruktur, Bewässerungssysteme, das Transportwesen und die Weiterverbreitung von geeigneten landwirtschaftlichen Techniken.

"Verfehlte internationale Ernährungspolitik"
"Brot für die Welt" forderte die Bundesregierung auf, mit einer neuen Handelspolitik die Kleinbauern in armen Staaten zu unterstützen. Eine weitere Öffnung der lokalen Märkte für den Weltmarkt sei jedoch nicht der richtige Weg. Diese habe die Hungerkrise in vielen Staaten nur verschärft, sagte Füllkrug-Weitzel im domradio. Dadurch würde die Lebensmittelproduktion durch Kleinbauern zerstört, während Agro-Konzerne viel Geld verdienten. Die derzeit hohen Nahrungsmittelpreise hätten drastische Auswirkungen auf die Armen. Ursache dafür sei eine seit Jahrzehnten verfehlte internationale Landwirtschafts- und Ernährungspolitik.

Um ihre Forderungen zu unterstreichen, übergaben Aktivisten und Mitarbeiter von "Brot für die Welt" am Freitag eine fünf Kilometer lange Girlande mit 30.000 Unterschriften an die Bundesregierung. Die Unterschriften waren im Zuge der vor zwei Jahren gestarteten Kampagne "Weltweite Tischgemeinschaft" gesammelt worden.

FAO-Generaldirektor Jacques Diouf beklagte den stark gesunkenen Anteil von Investitionen in die Landwirtschaft bei der Entwicklungshilfe: 1980 seien 17 Prozent der Gelder in den Agrarsektor geflossen, derzeit seien es nur fünf Prozent. Ausbleibende Investitionen in die Landwirtschaft in den vergangenen zwanzig Jahre seien für die mangelnde Ernährungssicherheit verantwortlich.

Töpfer: Hunger spaltet Menschheit
Der Vizepräsident der Welthungerhilfe, Klaus Töpfer, sieht den Anstieg des weltweiten Hungers als Beleg für eine Spaltung der Menschheit. Während die Mehrheit der Weltbevölkerung nicht wisse, ob sie am nächsten Tag genug zu essen habe, investierten die Menschen in den Industrieländern in die neuesten Diätkuren, damit sie und ihre Kinder nicht zu dick werden, sagte der frühere Leiter des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) am Donnerstagabend in Hamburg. Nach dem aktuellen Welthungerindex sind mehr als eine Milliarde Menschen unterernährt, fast alle Betroffenen leben in den Ländern des Südens.

"Hier geht es nicht um Almosen, sondern um eine ethische Verpflichtung und eine Sicherungspolitik für uns selbst", sagte. Dabei müssten auch die Entwicklung des weltweiten Klimas und die wirtschaftliche Teilhabe der Armen berücksichtigt werden. Wenn etwa Afrika die Möglichkeit hätte, nicht nur Rohstoffe, sondern auch weiterverarbeitete Güter zu exportieren, könnten die Menschen dort an der Wertschöpfung teilhaben, so Töpfer. Der Politiker nannte überdies die Bildung und Ausbildung von Frauen und Mädchen ein wirksames Instrument gegen Armut und Hunger. "Es ist sicher kein Zufall, dass die meisten Mikrokredite an Frauen vergeben werden", so der frühere CDU-Bundesumweltminister.

Ähnlich äußerte sich die Grünen-Politikerin Ulrike Höfken. Sie warnte zugleich vor "Nutzungskriegen in unglaublichem Ausmaß". Eine Steigerung der Fleischproduktion sei genau der falsche Weg zur Bekämpfung des Hungers, sagte die Vorsitzende des Bundestags-Ernährungsausschusses. Höfken kritisierte zudem, dass in Entwicklungsländern riesige Landflächen von Industrienationen aufgekauft würden. Ebenso sei die Subventionspolitik der Europäischen Union nicht hinnehmbar.