Lea Ackermann fordert neues Gesetz zur Prostitution

"Den Frauen wurde nicht geholfen"

Union und FDP beraten den Kurs ihrer künftigen Regierung. Das Thema Prostitution spielt keine Rolle - dabei gehört es auf die Agenda, fordert Schwester Lea Ackermann. Die SOLWODI-Gründerin sagt "Frauen werden hier verdinglicht."

 (DR)

domradio: Zuletzt machten vor allem Flatrate-Bordelle Schlagzeilen...
Ackermann: Es ist so ungeheuerlich, dass ich kaum Worte finde. In einem Bordell werden Essen und Trinken angeboten, so viel man kann - und Frauen, so viele man haben will. Und man kann mit ihnen machen, was Mann will. Tagsüber für 70 Euro, abends für 100 Euro. Das ist so ungeheuerlich, weil die Frauen genauso verdinglicht werden wie Essen und Trinken. Und es ist überhaupt kein Respekt mehr für diesen Menschen, der hier zu Diensten sein muss, da. Das ist ein Verbrechen an der Menschlichkeit. Diese Flatrate-Bordelle zeigen noch mal deutlich, wie Frauen verdinglicht werden.

domradio: Sie wollen, dass sich da gesetzlich etwas ändert. Was sagt das Gesetz im Augenblick?
Ackermann: 2002 dachte man, ein Gesetz geschaffen zu haben, das den Frauen hilft und das auch hilft, dass man die Opfer von Menschenhandel - also die Frauen, die in dieses Gewerbe gezwungen werden - besser herauslassen kann. Dieses Gesetz hat nichts gebracht, im Gegenteil. Es hat nur Vorteile für Bordellbesitzer, Zuhälter und Schlepper und Schleuser gebracht, die konnten jetzt umsteigen auf "Wellness-Bordelle", auf eleganter geführte Bordelle, usw. Aber den Frauen wurde wirklich nicht weitergeholfen.

domradio: Wie muss sich das Gesetz jetzt ändern?
Ackermann: Der Handel mit Frauen und Kindern ist ein Verbrechen, das ungeahnte Ausmaße annimmt. Und er wird kaum wahrgenommen und kaum bekämpft. Die Schweden sagen beispielsweise, wir kommen dem nur näher, wenn wir die Nachfrage nach Prostitution verbieten. D.h. die Freier müssen mal über ihr Verhältnis zum anderen Geschlecht nachdenken. Jetzt kann man natürlich mit einem Verbot - das weiß ich auch - nicht alles in den Griff bekommen. Wir haben es in Deutschland anders versucht, wir haben alles legalisiert. Wir haben gesagt, dass Prostitution ein Beruf wie jeder andere ist. Das ist er aber nicht. Wenn es wirklich Frauen gibt, die sagen, ich mache das völlig freiwillig, das habe ich so gewählt, dann soll man diese Frauen aber auf keine Weise gängeln können und von ihren profitieren können. Kein Dritter darf profitieren können, das fordern wir.

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Lea Ackermann †

Die Frauenrechtlerin und katholische Ordensschwester Lea Ackermann ist tot. Die 86-Jährige starb am 31. Oktober 2023 in einem Trierer Krankenhaus, teilte der von ihr gegründete Verein Solwodi in Koblenz mit. 

Für ihren unermüdlichen Einsatz gegen Frauenhandel und Zwangsprostitution erhielt Schwester Dr. Lea Ackermann zahlreichen Ehrungen – unter anderem den Romano-Guardini-Preis und das Große Bundesverdienstkreuz. 1985 gründete sie die Organisation SOLWODI ("SOLidarity with WOmen in DIstress" – Solidarität mit Frauen in Not) in Mombasa/Kenia.

Lea Ackermann / © Thomas Frey (dpa)
Lea Ackermann / © Thomas Frey ( dpa )