Ein Japaner erweckt Seidenweberei in Kambodscha zu neuem Leben

Handwerk mit Zukunft

Die Rettung der kambodschanischen Seidenspinnerei kam in Gestalt des Japaners Kikuo Morimoto, der das Land erstmals 1994 besuchte - und der Faszination dieser Perle Asiens sofort erlag. Als Morimoto, der in seiner Heimat Kyoto als Kimono-Maler begann und sich schon früh prächtigen Farben und Formen verschrieb, im benachbarten Thailand einen alten, kunstvoll gearbeiteten Seidenschal in Händen hielt und niemand über seine Herkunft Bescheid wusste, machte er sich auf die Suche.

Autor/in:
Robert Luchs
 (DR)

Es dauerte über ein Jahr, bis der hartnäckige Japaner in einem Flüchtlingslager an der thailändischen Grenze fündig wurde.
Zehntausende Kambodschaner waren hier untergebracht, aber Morimoto ließ nicht locker. Und dennoch war es wohl mehr ein Zufall, dass er eine alte Frau traf, die noch mit der alten Ikat-Weberei vertraut war. Bei dieser Art der Webkunst wird der dünne Seidenfaden auf einen Rahmen in der Größe des Stoffes gespannt und vor jedem Farbbad nach einem bestimmten Muster abgebunden. Dadurch entsteht im Faden ein mehrfarbiges Muster.

Geübte Ikat-Weberinnen können mit dieser Methode Vögel, Bäume oder ganze Landschaften in den Stoff zeichnen. Morimoto war von der Idee, die alte Kunst wieder zu neuem Leben zu erwecken, so besessen, dass er auch die alten Rezepturen des Färbens wieder ausgrub. Alles sollte so sein wie früher: Rot aus dem Saft der Lackschildläuse, eine bestimmte Baumrinde für Gelb, Braun vom Sud der Kokosnussschalen, und die ausgekochten Äste des Litschi-Baums ergaben ein bestimmtes Grau. Auch studierte Morimoto die jahrhundertealten Muster der Ikat-Weberei.

"Institut für traditionelle Khmer-Textilien"
Schließlich gründete der heute 60-jährige Seiden-Fan das "Institut für traditionelle Khmer-Textilien" und suchte im ganzen Land nach Frauen, die noch das alte Seidenweben beherrschten. Ein schwieriges Unterfangen in einem Land mit weitgehend zerstörter Infrastruktur und kaum vorhandenen Kommunikationswegen. Trotzdem fand Morimoto 20 Frauen, mit denen er in Siem Reap, dem Tor zur Tempelanlage Angkor Wat im Nordwesten Kambodschas, eine Werkstatt gründete. In dieser Region, ihrem späteren Rückzugsgebiet, hatten die Roten Khmer vor über 30 Jahren besonders heftig gewütet.

Die Ikat-Weberei war neu geboren. Morimoto bestand darauf, dass auch die Webstühle in der eigenen Schreinerei nach alten Vorlagen hergestellt wurden. Auch anderes Handwerkszeug wird an Ort und Stelle gefertigt. Junge Mädchen vom Land lernen hier das alte Khmer-Handwerk. Sie werden von den alten Frauen angeleitet, während Babys in Hängematten schlafen und kleine Kinder zwischen den Webstühlen spielen. Der Meister weiß, wie wichtig es für die Kambodschaner ist, wenn die Familie zusammenbleibt.

Ein Schal ist nicht unter 120 Dollar zu haben
Schritt für Schritt setzte Morimoto sein Projekt um. Bevor er Maulbeerbäume für die Seidenraupen pflanzte, musste der Boden von Minen gesäubert werden, dem tödlichen Erbe des Bürgerkrieges. Als nächstes will der Japaner eine kleine Siedlung errichten, in der die hochwertigen Produkte an Touristen verkauft werden. Ein Schal ist nicht unter 120 Dollar zu haben - ein Vielfaches von dem, was auf den Märkten für mindere Qualität angeboten wird.

Seine Arbeiterinnen profitieren sehr von der japanisch-kambodschanischen Geschäftsidee. Inzwischen sind rund 300 Frauen bei Morimoto angestellt, der ihnen nicht nur einen Verdienst bietet, sondern auch eine neue Lebensperspektive nach Terror der und blutigem Bürgerkrieg. Die älteren Expertinnen verdienen 180 Dollar im Monat, die Jungen 70 Dollar. Die Mehrheit der Kambodschaner muss immer noch mit rund 40 Dollar im Monat auskommen.