Wiedergewählter Caritaspräsident wünscht sich stärkere Wahrnehmung innerhalb der Kirche

"Sind Pfund in der Gesellschaft"

Prälat Peter Neher bleibt Caritaspräsident. Die Delegierten-Versammlung des Deutschen Caritasverbands wählte ihn als einzigen Kandidaten am Dienstagabend in Eichstätt mit großer Mehrheit. Im domradio-Interview erklärt er die Ziele für seine nächste Amtszeit und wünscht sich eine innerkirchlich stärkere Würdigung.

 (DR)

domradio: Haben Sie sich denn über Ihre Wiederwahldenn gefreut?
Neher: Das ist natürlich schon ein großer Vertrauensbeweis. Einmal für die Arbeit der letzten sechs Jahre, und es ist eine gute Ermutigung, die Arbeit auch für die kommende Zeit weiter kräftig voranzubringen.

domradio: Steht die neue Amtszeit für Kontinuität oder für Aufbruch?
Neher: Man nimmt sich wieder neue Dinge vor. Insgesamt gilt es für den Verband, die Arbeit fortzusetzen, die wir in den letzten Jahren geleistet haben. Ob das die Bekämpfung von Kinderarmut, Vorbeugung von Altersarmut oder das Thema Bildungsgerechtigkeit ist. Da wird es Kontinuität geben.

domradio: Das bleiben auch Ihre Schwerpunkte?
Neher: So ist es. Wie sich die gegenwärtige Situation wirtschaftlich und auch gesellschaftlich abzeichnet, sind das die Themen neben Pflege und Gesundheit. Das werden die zentralen Themen der nächsten Jahre sein.

domradio: Gerade laufen die Koalitionsverhandlungen zwischen Schwarz-Gelb. Was erwarten Sie hier?
Neher: Was sowohl die Union als auch die FDP immer wieder im Wahlkampf zur Sprache brachten, wenn auch für mein Empfinden zu wenig: das Thema Bildungsgerechtigkeit. Wie kann es uns gelingen, dass in einem Land wie Deutschland die soziale Herkunft nicht in dieser Weise entscheidet, welche schulische und berufliche Aussicht Kinder auch aus Lebensverhältnissen in prekärer Situation haben. Das wird ein wichtiger Punkt sein. Außerdem: Wie können wir Altersdiskriminierung abbauen. Wenn die Rente mit 67 Sinn macht, muss es auch möglich sein, dass ältere Arbeitnehmer weiterbeschäftigt werden. Und wir werden auch das Thema Kinderarmut anpacken. Auch da erwarte ich mir, dass jetzt tatsächliche Regelungen und auch gesetzliche Grundlagen geschaffen werden.

domradio: Was hätte denn nichts in dem Koalitionsvertrag verloren?
Neher: Einerseits haben wir eine enorme Staatsverschuldung, da ist es auch im Interesse und in der Verantwortung für die zukünftigen Generationen wichtig, diese Schulden abzubauen. Was aber nicht sein darf, dass dieser Schuldenabbau zu Lasten der Menschen geht, die bereits jetzt in schwierigen Situationen sind; das Sozialleistungen runter gefahren werden, dass vor allem in kommunalen Bereichen Leistungen im Bereich Beratungen gekürzt wird.

domradio: Welchen Einfluss haben Sie denn im politischen Berlin?
Neher: Ich denke schon, dass es uns in den letzten Jahren gelungen ist, mit konsistenten Positionen Gehör zu finden. Also: Ist es stimmig, was wir fordern? Nur höhere Leistungen zu fordern, ist relativ simpel, aber ich glaube, wir sind wahrgenommen worden als ernstzunehmender Partner, der selbstkritisch seine Arbeit leistet, und gerade in dieser Positionierung dann auch sehr konstruktive Lösungsansätze bietet. Ich glaube schon, dass wir gehört wurden. Aber ich wünschte mir immer noch ein größeres Ohr.

domradio: Und wie ordnen Sie ihren Gesamtauftrag innerhalb der Kirche ein?
Neher: Wir müssen auf einem intensiven Weg mit den gesamtkirchlich Verantwortlichen bleiben, dass die Kirche erkennt, dass sie mit ihrer Caritas ein ungeheures Pfund in der Gesellschaft hat. Dass es ihre Caritas ist und nichts, was neben der Kirche steht. Und da wünsche ich mir schon eine größere Wahrnehmung, Wertschätzung und Würdigung der Arbeit, die wir aus unserem Glauben heraus und auf der Basis der katholischen Soziallehre wirklich in der Nachfolge Jesu leisten, im Namen der Kirche.