Susanne Tiemann über ihre Berufung in den vatikanischen Familienrat

"Selten so gefreut"

Ende September wurde Susanne Tiemann von Papst Benedikt XVI. in den vatikanischen Familienrat berufen. Im domradio-Interview spricht die Professorin für Sozialrecht an der Katholischen Fachhochschule Nordrhein-Westfalen in Köln über Ehre und Herausforderung der neuen Aufgabe.

 (DR)

domradio: Als Sie die Nachricht über Ihre Berufung erhielten - waren Sie überrascht?
Tiemann: Ich war selten so überrascht. Ich erfuhr es erst über Glückwünsche, die auf mich zukamen. Da fragte ich erstmal nach und erfuhr, dass es wirklich stimmt. Und gestern lag dann die päpstliche Urkunde vor.

domradio: Was kommt jetzt auf Sie zu?
Tiemann: Es sieht so aus, als wären es zwei Sitzungen pro Jahr in Rom. Aber was natürlich wichtig ist, ist das breite Spektrum, mit dem sich dieser Familienrat befasst. Es geht rund um die Familie, elementare Themen.

domradio: Wer wird mit Ihnen im Rat sitzen?
Tiemann: Das weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass auch noch eine Frau neben mir berufen wurde. (Anm. d. Red.: die katholische Theologin und Buchautorin Michaela Freifrau Heereman von Zuydtwyck (60), Mutter von sechs Kindern und Tante von Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg) Insgesamt sind es wohl Beraterinnen und Berater aus der ganzen Welt. Insofern bin ich sehr gespannt, wenn ich da treffen werde.

domradio: Sie waren eine Weile auch Mitglied des Deutschen Bundestages. Tiemann: Hatten Sie dort ähnliche Aufgabenbereiche?
Ehe und Familie sind ja Querschnittsaufgaben, die alles durchziehen. Ich war eine Zeit lang im Finanzausschuss, und wenn es da um den Familien-Leistungsausgleich ging, hatte ich maßgeblich mitberaten. Oder im Rechtsausschuss, da habe ich auch lange gearbeitet, dort ging es um Rechte rund um die Familie.

domradio: Empfinden Sie die päpstliche Berufung als Würdigung Ihrer bisherigen Leistungen?
Tiemann: Ja, ich muss das annehmen. Ich empfinde das als außerordentlich große Ehre. Ich freue mich so darüber, wie ich mich selten über etwas gefreut habe.

domradio: An der Fachhochschule unterrichten Sie Sozialrecht - was genau bedeute das?
Tiemann: Sozialrecht ist all das, was Risiken der Menschen in unserer Gesellschaft abdecken soll. Das geht von der sozialen Versicherung, Kranken-, Pflege-, Renten-, Unfall-, Arbeitslosenversicherung bis eben hin zur Sozialhilfe und Hartz IV, dem großen neuralgischen Thema unserer Tage.

domradio: Sie sind Sie selber auch ein Familienmensch?
Tiemann: Ich denke schon, dass man das sagen kann. Morgen feiere ich mit meinem Mann unseren 40. Hochzeitstag, wir haben drei Kinder, und am Samstag wird unser erster Enkel getauft.

Hintergrund
Das 1973 zunächst als Komitee gegründete und 1981 zum Päpstlichen Rat hochgestufte vatikanische "Familien-Ministerium" will die Seelsorge für die Familien fördern und deren Rechte und Würde in Kirche und Gesellschaft unterstützen. Das Gremium bemüht sich darum, die Lehre der Kirche über die Familie bekanntzumachen. Auch engagiert es sich laut vatikanischer Kurienordnung dafür, dass Maßnahmen zum Schutz des menschlichen Lebens von der Empfängnis an gefördert werden.