Koalitionsverhandlungen von Union und FDP

Große Erwartungen

Eine Woche nach der Bundestagswahl beginnen Union und FDP heute mit den Verhandlungen. Im domradio ruft der Paritätische Wohlfahrtsverband dazu auf, mehr in Armutsbekämpfung und im Bildungswesen zu investieren. Abtprimas Notker Wolf hat unterdessen die Parteien gegen den Vorwurf in Schutz genommen, kirchliche Anliegen auszublenden.

 (DR)

Für Steuerentlastungen sieht der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Ulrich Schneider, dagegen keinen finanziellen Spielraum. Die neue Koalition werde sich daran messen lassen müssen, wie es ihr gelinge, die soziale Spaltung im Land zu beseitigen. Schneider forderte eine Erhöhung der Hartz-IV-Sätze von gegenwärtig 351 Euro auf 440 Euro monatlich.

CDU-Chefin und Bundeskanzlerin Merkel, CSU-Chef Seehofer und der FDP-Vorsitzende Westerwelle kommen am Nachmittag zur ersten Verhandlungsrunde in der nordrhein-westfälischen Landesvertretung in Berlin zusammen. Die größten Differenzen bahnen sich bei den Themen Gesundheit, Steuern, Arbeitsmarkt und innere Sicherheit an.

Die drei Parteien gehen mit gleich starken Delegationen von jeweils neun Vertretern in die Gespräche. Zuvor hatten führende Unions-Politiker den Verhandlungsspielraum in vielen Politikfeldern bereits stark eingegrenzt, was in der FDP auf scharfe Kritik stieß. Die schwarz-gelbe Koalition soll nach dem Willen der Parteien möglichst bis zur konstituierenden Sitzung des neuen Bundestags am 27. Oktober besiegelt sein. Spätestens zum 20. Jahrestag des Mauerfalls am 9. November will Merkel die internationalen Gäste mit ihrer neuen Regierungsmannschaft empfangen.

Abtprimas: Merkel und FDP stehen für christliche Werte
Abtprimas Notker Wolf hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die FDP gegen den Vorwurf in Schutz genommen, kirchliche Anliegen auszublenden. "Merkel steht durchaus für christliche Werte", sagte der oberste Benediktiner am Montag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Rom. Auch in der FDP, die zweifellos keine "Kirchenpartei" sei, gebe es Politiker, die sich für Belange der Kirchen einsetzten. Als Beispiel nannte Wolf FDP-Generalsekretär Dirk Niebel.

Zugleich äußerte sich Wolf positiv über das Ergebnis der Bundestagswahl. Die "Gefahr des Staatsdirigismus" sei gebannt. Er wandte sich ferner gegen eine "zu katechismushafte" Beurteilung der Parteien und forderte eine größere politische Offenheit des Katholizismus. Die Kirche müsse "ihr Ghetto" verlassen, forderte der Abtprimas.