Bunter Auftakt zur zweiten Afrikasynode im Vatikan

Kontinent mit Potenzial und Problemen

Gregorianischer Choral und traditionelle afrikanische Gesänge: Eine originelle Mischung aus Ernst und Heiligkeit, aus Begeisterung und Lebensfreude bestimmte am Sonntag die Papstmesse zur Eröffnung der zweiten Bischofssynode für Afrika. Drei Wochen lang beraten 244 Synodale, darunter 197 Kardinäle und Bischöfe aus Afrika zum Thema "Die Kirche in Afrika im Dienst von Versöhnung, Gerechtigkeit und Frieden". Ein Kirchengipfel angesichts von Not, Kriegen und Gewalt, von Ungerechtigkeit, Unterentwicklung und Katastrophen.

Autor/in:
Johannes Schidelko
Die Weltbischofssynode im Vatikan: Beratungen haben begonnen (KNA)
Die Weltbischofssynode im Vatikan: Beratungen haben begonnen / ( KNA )

Die Kirche in Afrika müsse mit ihrer Neu-Evangelisierung auch zum Aufbau und zur Entwicklung Afrikas beitragen, appellierte der Papst in seiner Predigt. Vor allem müssten Bischöfe, Priester und alle Gläubigen zur Aussöhnung zwischen den Volks- , Sprach- und Religionsgruppen beitragen. Denn nur Frieden biete die Grundlage für eine Entwicklung mit echtem Fortschritt. Dabei sollte der Beitrag der Christen alle Bereiche berühren, in Familie und Arbeitswelt, in Schulen, Gesundheitswesen und Politik, forderte der Pontifex.
Besonders mahnte er dabei den Schutz von Ehe und Familie sowie die Fürsorge für die Kinder an. Dies seien keine eigenwilligen kirchlichen Ansprüche, sondern Vorgaben aus dem Naturrecht und dem Plan des Schöpfergottes für die Welt.

Die Krankheiten Afrikas
In wenigen Strichen skizzierte Benedikt XVI. - der zum Eröffnungsgottesdienst ein Messgewand mit afrikanischen Farbmustern trug - die «Krankheiten» Afrikas. Der politische Kolonialismus sei zwar beendet, der faktische und moralische Kolonialismus gehe aber weiter, lautete seine These. Reichtum und Bodenschätze seien nach wie vor Anlass für Ausbeutung, Konflikte und Korruption.

Aber auch der geistige und moralische «Reichtum» Afrikas - sein tiefer Sinn für den Schöpfergott und für das Leben, oder der Familienzusammenhalt - würden zunehmend gefährdet. Die «erste» Welt exportiere «geistigen Giftmüll» nach Afrika: Praktischen Materialismus, Relativismus und Nihilismus. Als «zweiter Virus» komme ein religiöser Fundamentalismus hinzu, der mit politischen und wirtschaftlichen Interessen vermischt sei. Dessen Gruppen beriefen sich zwar auf den Namen Gottes, praktizierten aber Intoleranz und Gewalt, anstelle von Nächstenliebe, Respekt und Freiheit. Die Diagnose und Warnung des Papstes: Afrika stelle eine gewaltige «geistige Lunge» für die Menschheit dar - inmitten von Glaubens- und Hoffnungskrisen. Aber diese «Lunge» könne auch krank werden.

Das Bischofstreffen soll 15 Jahre nach der ersten Afrikasynode eine Zwischenbilanz ziehen und den weiteren Kurs der Kirche beraten. Die Eröffnungsmesse enthielt - neben Gesängen auf Latein und Gebeten auf Italienisch - viele afrikanische Elemente. Zwar fehlten diesmal die buntgekleideten Tanzgruppen früherer Synodenmessen. Aber auch jetzt wurde der gregorianische Reinigungsritus des «Asperges me» ergänzt durch den rhythmischen Ruf «Nakoma Peto» (Damit ich rein werde vor Gott). Die Fürbitten wurden auf Swahili, Haussa, Arabisch oder Lingala gesprochen. Und beim abschließenden Marienlied «Tokobondela yo e, Mama Maria» (ebenfalls in der Kongo-Sprache Lingala) nickten selbst Kurienkardinäle entspannt den Takt.


Papst ruft zu Frieden in Krisenherden Afrikas auf
Aber schon bald nach dem bunten Fest im Petersdom wurde die Synode wieder von der blutigen Wirklichkeit Afrikas eingeholt. Beim Mittagsgebet auf dem Petersplatz beklagte Benedikt XVI. den Gewaltausbruch in Guinea. Dort waren in den letzten Tagen über 150 Mensche bei Demonstrationen getötet wurden.

«Ich kann nicht die Konflikte vergessen, die derzeit den Frieden und die Sicherheit der Völker des afrikanischen Kontinents gefährden», sagte der Papst vor mehreren Zehntausend Menschen vor der Vatikan-Basilika. Benedikt XVI. sprach den Familien der Opfer von Guinea sein Mitgefühl aus. Weiter rief er die Konfliktparteien zu Dialog und Versöhnung auf und forderte Bemühungen um eine gerechte Lösung des Konflikts.

Afrika sei ein Kontinent von außerordentlichem menschlichen Reichtum, aber auch von großer Armut und Ungerechtigkeit, unterstrich der Papst vor seinem traditionellen Mittagsgebet. Bei einer Bevölkerung von rund einer Milliarde Menschen habe es die höchste Geburtenrate der Welt. Dieser Reichtum an Leben sei jedoch oft von Armut und schweren Ungerechtigkeiten beeinträchtigt. Aufgabe der Kirche sei es, aus der Kraft des Glaubens und mit konkreter Solidarität diese Probleme zu überwinden.

Die Afrikasynode ist nach Worten von Papst Benedikt XVI. ein Instrument der Kollegialität für die Kirche und für alle Menschen auf dem Kontinent. Es gehe weniger um ein Expertentreffen oder eine Studientagung, sagte er. Es komme ganz besonders darauf an, zuzuhören: gegenseitig und auf das, was Gott der Kirche mitteilen wolle. Daher müsse die Synode von einem Klima des Glaubens, des Gebets und des religiösen Gehorsams gegenüber dem Wort Gottes bestimmt sein. Aufgabe des Papstes sei es, die Versammlung einzuberufen, zu leiten, den Ertrag der Beratungen zu sammeln und dann geeignete pastorale Leitlinien daraus abzuleiten.

Akustisch bestimmt wurde das Mittags-Treffen mit dem Papst durch mehrere hundert Motorradfahrer. Die italienische Vereinigung «Motorradfahrer für Sicherheit im Straßenverkehr» hatte ihre Mitglieder zur Teilnahme am Papstgebet aufgerufen. Zur Begrüßung des Papstes gaben sie ein Hupkonzert und ließen die Motoren aufheulen.