Caritas-Präsident Neher zu den Erwartungen an Schwarz-Gelb

"Die Union wird sich durchzusetzen verstehen"

Mit der FDP kommt nun eine Partei an die Regierung, die es vor der Wahl ablehnte, christliche Werte als Leitbild deutscher Politik zu bezeichnen. Im domradio-Interview äußert Caritas-Präsident Prälat Neher seine Erwartungen an die Koalition und unterstreicht seine Hoffnung, dass die Unionsparteien sich mit ihren christlichen Wertevorstellungen durchzusetzen vermögen.

 (DR)

domradio: Was bedeutet die neue schwarz-gelbe Entscheidungsmehrheit im Bundestag für die Arbeit der Caritas? Welche Sozialpolitik erwarten Sie bzw. erhoffen Sie sich von Schwarz-Gelb?

Neher: Ich erwarte nichts anderes, als das, was ich von jeder Regierung erwarte: Dass sie eine soziale, solidarische und gerechte Gesellschaft stärkt und fördert. Dazu gehört ganz wesentlich, dass sie weiterhin alles daransetzt, um Kinderarmut zu bekämpfen, Altersarmut  vorzubeugen und Ausgrenzung zu vermeiden.  Das ist ganz zentral, und das werde ich auch von der künftigen Regierung erwarten.

domradio: Die Caritas bietet Hilfe für Menschen in Not, will Anwalt und Partner von Benachteiligten sein. Die FDP gilt als "Partei der Besserverdiener". Machen Sie sich Sorgen, dass die FDP-Regierungsbeteiligung den unteren Gesellschaftsschichten schadet?
Neher: Es ist sicher so, dass die FDP nicht gerade die Partei ist, die besonders für die Anliegen und Nöte der Menschen in prekären Lebenssituationen ist. Auf der anderen Seite: wenn sie Regierungsverantwortung übernimmt, dann wird es auch der FDP ein Anliegen sein, das soziale Gemeinwesen der ganzen BRD im Blick zu haben. Da baue ich auf die CDU/CSU, dass diese Parteien die entsprechenden Themen einbringen. Der politische Alltag wird zeigen, was dann tatsächlich an Ergebnisse herauskommt. Ich bin da ganz zuversichtlich, denn in den Partei- und Wahlprogrammen auch der FDP sind ganz klar die  Themen Teilhabe und Bildung enthalten, und daran werden wir die neue Regierung messen.

domradio: Die FDP hat angekündigt, das "Bundesministerium für Zusammenarbeit und Entwicklung" aufzulösen uns ins Auswärtige Amt zu integrieren. Wie stehen Sie diesen Plänen gegenüber?
Neher: Von solchen Plänen, die die FDP ja immer wieder erhoben hat, halte ich gar nichts. Es hat sich in den vergangenen Jahrzehnten bewährt, ein eigenes Ministerium für Entwicklungshilfe zu haben und es wäre nicht gut, das einfach dem Außenministerium zu subsumieren. Entwicklungsarbeit und Entwicklungshilfe muss immer weitgehend unabhängig von der konkreten Außenpolitik sein. Wir werden dafür eintreten, dass dieses Ministerium erhalten bleibt. Auch aus meiner Verantwortung für die internationale Caritasarbeit.

domradio: Die FDP hat auf die These "Christliche Werte sollen das Leitbild deutscher Politik sein!" ablehnend geantwortet. Kann die CDU überhaupt mit der FDP koalieren, wenn diese so etwas sagt?

Neher: Das ist doch eine gute Herausforderung für die CDU hier genau diesen christlichen Wertehorizont als ihr Spezifikum einzubringen. Da erwarte ich von den Unionsparteien, dass sie ihre Werte in die Debatte einbringen und deutlich machen, dass christliche Werte ja nicht nur etwas für Christen sind, sondern eine Basis für das gesellschaftliche Miteinander. Da wird sich die Union durchzusetzen verstehen.

domradio: Hat die CDU das "C" in ihrem Parteikürzel zu kurz kommen lassen im Wahlkampf? Was denken Sie, welche Rolle das "C" jetzt spielen wird in der schwarz-gelben Regierung?
Neher: Das wird sich zeigen bei Themen wie Armutsbekämpfung, Bildungsgerechtigkeit und dem Umgang mit Menschen am Rande. Ich erwarte, dass das auch im Regierungsprogramm einer neuen Regierung deutlich zum Tragen kommt, und damit auch das christliche Selbstverständnis in den ganz konkreten Themen zu spüren sein wird und auch umgesetzt wird.

Das Interview führte Monika Weiß.