Das TV-Streitgespräch zwischen Merkel und Steinmeier endet unentschieden

Duett statt Duell

Zwei Wochen vor der Bundestagswahl haben Bundeskanzlerin Angela Merkel und SPD-Herausforderer Frank-Walter Steinmeier bei einem TV-Duell um die Gunst der Wähler gerungen. In Blitzumfragen nach der Sendung lagen beide gleichauf - mit einem hauchdünnen Vorsprung für Steinmeier. Für das domradio bewertet Pfarrer Franz Meurer das Duell. Ihm fehlten so wichtige Themen wie Bildung, Familie und Umwelt.

Autor/in:
Kerstin Münstermann
 (DR)

ARD-Moderator Frank Plasberg brachte das Dilemma des TV-Duells zweier Kanzlerkandidaten in Zeiten einer großen Koalition nach gut einer Stunde auf den Punkt: «Ich freue mich so über Diskussionen bei Ihnen, da unterbreche ich ungern». Miteinander diskutierten die CDU-Vorsitzende, Bundeskanzlerin Angela Merkel, und SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier am Sonntagabend nämlich kaum, sie beantworteten die Fragen der vier TV-Moderatoren brav nacheinander und legten sich noch am ehesten mit den Journalisten an. Das Duell bot wenig Überraschendes, erst gegen Ende der neunzig Minuten kam etwas Spannung auf.

Schon beim Beginn der TV-Debatte der beiden Kandidaten um die deutsche Kanzlerschaft standen die Zeichen auf große Koalition. Die CDU-Vorsitzende trat in schwarzem Blazer mit ungewohnt großer roter Kette vor die Kameras, Steinmeier mit roter Krawatte und schwarzem Anzug.

Die erste Frage ging an Steinmeier: Warum er denn Kanzler werden wolle: «Weil ich die bessere Alternative bin.» Doch schon danach lobte er die große Koalition: Beide Seiten hätten «ordentlich zusammengearbeitet» und vieles erreicht, sagte der SPD-Kanzlerkandidat. Manches habe man in der Krise vielleicht nur erreichen können, weil es die große Koalition gebe.

Merkel fügte an, die «große Koalition hat gut gearbeitet - unter meiner Führung». Auf den Einwurf von RTL-Moderator Peter Kloeppel dies klinge «mehr nach Duett, weniger nach Duell» konterte eine etwas gereizt wirkende Merkel umgehend, sie «beantworte die Fragen, so wie ich mir das vorstelle.»

Der größte Angriff der Kanzlerin auf ihren Herausforderer lautete dann auch, ein Satz sei «eine kühne Bemerkung, bei der man außerordentlich vorsichtig sein sollte», ansonsten haderten die Kandidaten eher mit den Moderatoren, die den beiden Politikern teilweise das Wort abschnitten. Merkel konterte gegen Sat.1-Moderator Peter Limbourg, »diese Bewertung überlassen wir den Zuschauern», Steinmeier wandte sich gegen ZDF-Moderatorin Maybrit Illner: »Haben sie doch einfach Interesse an meinem Argument.« Gemeinsam rechtfertigten sich die beiden Kandidaten gegen den Vorwurf der Moderatoren, bei Opel Steuergelder verschwendet zu haben. Dieses Thema sei »für den Wahlkampf auch nicht geeignet«, waren sich Steinmeier und Merkel einig.

Alles war genau geplant am Sonntagabend in Berlin-Adlershof, die Kandidaten standen im vor blauen Hintergrund genau 2,40 Meter auseinander, auf den Pulten lagen Papier und Stift, und jeweils ein Glas Wasser. Kameraeinstellungen auf fahrige Hände oder nervöses Füßewippen hatten sich die Parteien zuvor verbeten.

Das zur Gäste- und Presselounge umgebaute große Studio wimmelte bereits zwei Stunden vor Beginn von Gästen, Journalisten drängten sich um die Spin-Doktoren der Parteien, interviewten Kollegen, die Spannung war groß. SPD-Chef Franz Müntefering nannte das TV-Duell «ein Stück praktische Demokratie», das er ernst nehme. Es sei ein Weg, die Menschen für Politik zu interessieren und ein «guter Start in die letzten beiden Wochen». Ein gespannter SPD-Vorsitzender blickte dann auch unverwandt und höchst konzentriert auf die Leinwand und sah eine TV-Auseinandersetzung, die erst beim Thema Atomausstieg etwas an Schwung gewann.

Merkel sprach erneut von der Brückentechnologie, mit der die Union die nächsten Jahre bestreiten wolle. Steinmeier konterte, er halte den Rückweg in die Kernenergie »für nicht verantwortbar«. Weitere Fragen zum Klimaschutz gab es allerdings nicht, es blieb beim Austausch der unvereinbaren Argumente.

Steinmeier agierte entschlossener als in den vorhergehenden TV-Auftritten, Schweißperlen auf der Stirn gab es diesmal nicht. Merkel wirkte zu Beginn etwas fahrig, auf die Frage, für wie viel Geld man sich die Haare in Berlin schneiden lassen kann, »ohne Promifriseur Udo Walz«, reagierte sie pikiert. Dies wollte sie sich nicht unterstellen lassen. Beim Thema Steuersenkung wurde die Kanzlerin dann aggressiver, ballte die Hände zu Fäusten und sprach Steinmeier direkt an. Ohne Entlastung der Menschen »kommen wir nicht aus der Krise«. Steinmeier erwiderte, die Unions-Pläne seien schlicht »unrealistisch».

Doch so richtig angreifen wollten sich beide nicht, was Moderator Limbourg zur Bemerkung veranlasste, de beiden wirkten doch wie ein altes Ehepaar, ob sie Schwarz-rot nicht einfach fortsetzen wollten. Das stritten beide vehement ab. Vorsichtshalber hatte Steinmeier auch gleich zu Beginn klargestellt: «Wir duzen uns nicht.»