Demonstration gegen Internetzensur und Überwachung in Berlin

Wider die "politische Angsmacherei"

Zwei Wochen vor der Bundestagswahl haben am Samstag in Berlin Tausende Menschen gegen Überwachungsmaßnahmen durch Staat und Wirtschaft demonstriert. Während die Polizei von unter 10.000 Teilnehmern sprach, zählten die Veranstalter mehr als 20.000 Menschen.

 (DR)

Unter dem Motto «Freiheit statt Angst» protestierten sie vor allem gegen die Vorratsdatenspeicherung von Telefon- und E-Mail-Daten, gegen heimliche Online-Durchsuchungen von Computern durch den Staat sowie gegen das Sammeln personenbezogener Daten durch Unternehmen. Ein Bündnis von 160 Organisationen hatte zu der Demonstration aufgerufen.

Der Vorsitzende der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, Frank Bsirske, kritisierte bei einer Kundgebung die seiner Ansicht nach zunehmende «Bespitzelung» von Arbeitnehmern, Gewerkschaftern und Journalisten. «Wir brauchen einen verantwortungsvollen Umgang mit den Informations- und Kommunikationstechniken», sagte er. Der Staat müsse «da mit gutem Vorbild vorangehen». Oberstes Ziel müsse die «Datensparsamkeit und die Wahrung der informationellen Selbstbestimmung» sein, sagte der ver.di-Chef. Unter anderem sprach er sich für ein Arbeitnehmerdatenschutzgesetz aus, «das diesen Namen auch verdient».

Zeitgleich zu der Berliner Demonstration waren auch in zahlreichen anderen Städten der Welt wie Wien, Prag, Stockholm und Buenos Aires Aktionen unter dem Motto «Freedom not Fear» geplant. Der Datenschutzbeauftragte von Schleswig-Holstein, Thilo Weichert, warnte vor einer «Totalkontrolle» der Bevölkerung, um Kriminellen wie «Kinderpornografen» und Terroristen im Internet auf die Spur zu kommen. Anstatt Informations- und Meinungsfreiheit einzuschränken, müsse deshalb die Strafverfolgung professioneller werden. Auch der geplante unbegrenzte Datenaustausch zwischen Polizeidienststellen innerhalb der EU und die einheitliche Steuer-Identifikationsnummer wurden kritisiert.

Der Vizepräsident der Internationalen Liga für Menschenrechte, Rolf Gössner, sprach von «politischer Angstmacherei» und einem «Angriff auf die Bürgerrechte». «Ein ausufernder Antiterrorkampf beschert uns eine dramatische Einschränkung der Freiheitsrechte», so Gössner. Derzeit erlebe Deutschland eine «Militarisierung der Inneren Sicherheit», sagte er mit Blick auf die von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) favorisierte zunehmende Vernetzung von Polizei und Geheimdiensten und die Diskussion über Bundeswehreinsätze im Inland.