Mussinghoff: Kirche hat sich im Weltkrieg schuldig gemacht

Fehlende Verurteilung

Der Aachener Bischof Heinrich Mussinghoff hat die Schuld deutscher Bischöfe während des Zweiten Weltkriegs bekannt. Bei der diesjährigen Friedenskonferenz der Weltreligionen sagte er am Montag in Krakau: "Die deutschen Bischöfe haben diesen Angriffskrieg auf das katholische Land Polen nicht laut verurteilt, vielmehr war in Botschaften an die Soldaten stattdessen von Pflichterfüllung, Opfersinn und Treue die Rede", so der stellvertretende Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz.

Krakau: Friedenstreffen der Weltreligionen (KNA)
Krakau: Friedenstreffen der Weltreligionen / ( KNA )

Mussinghoff sagte: «Beim Sieg über Polen und den folgenden Triumphen der deutschen Wehrmacht läuteten auch an katholischen Kirchen die Glocken. Diese eigene Schuld müssen wir als Kirche heute bekennen.» Es habe nicht viel Widerstand gegen den Völkermord an den Juden gegeben, «weder in unserer Kirche, noch in Deutschland, noch im Westen», so der Bischof. Man habe weggesehen und den Massenmord nicht wahrhaben wollen. «Ich verbeuge mich vor allen Opfern dieses Krieges», sagte Mussinghoff. Es sei eine Kultur des Gedächtnisses notwendig, um die Toten zu ehren und die Lebenden zu mahnen.

Mussinghoff erklärte weiter, Versöhnung sei mehr als Schuld zu erkennen und bekennen, mehr als sich zu entschuldigen und zu vergeben. Versöhnung bedeute Frieden und Freundschaft. Sie bedürfe des ständigen Dialogs.

Vertreter der Weltreligionen: Erinnerung an Auschwitz wachhalten
Repräsentanten des Judentums, der katholischen Kirche und Israels haben in Krakau aufgerufen, die Erinnerung an Auschwitz wachzuhalten. Der Oberrabbiner von Polen, Michael Schudrich, sagte, das Gedenken an den Holocaust sei wichtig, um die Welt vor einer Wiederholung zu bewahren. Der israelische Botschafter beim Heiligen Stuhl, Mordechai Lewy, erklärte, die Erinnerung an die Schoah könne in ferner Zukunft zum Ritual werden. «Die Alternative des Vergessens ist jedoch definitiv am schlechtesten», sagte er.

Der Lubliner Weihbischof Mieczyslaw Cislo wies darauf hin, dass die kommunistischen Machthaber Polens 40 Jahre lang die Geschichtsschreibung von Auschwitz gefälscht hätten. Die jüdischen Opfer seien meist verschwiegen worden. Klaus Reder vom deutschen Zweig der katholischen Basisgemeinschaft Sant'Egidio beklagte, dass viele Menschen in Deutschland und Europa für ein Ende der Erinnerung an Auschwitz seien.

Als Zeichen der Versöhnung ist für diesen Dienstag ein gemeinsamer Besuch im ehemaligen deutschen Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau vorgesehen. Dort wurden während des Zweiten Weltkriegs mehr als eine Million Menschen ermordet; die meisten von ihnen waren Juden. - An dem Friedenstreffen nehmen 300 hochrangige Vertreter von Christentum, Judentum, Islam, Buddhismus und anderen Religionen sowie aus der Politik teil. Das jährliche Friedenstreffen wird seit
1987 von der katholischen Basisgemeinschaft Sant'Egidio organisiert.