Christine Neubauer spielt Nonne in ARD-Zweiteiler

"Ich bin mir keiner Sünde bewusst"

Und noch eine TV-Nonne. Für den ARD-Zweiteiler "Gottes mächtige Dienerin" steht Christine Neubauer derzeit vor der Kamera als Schwester Pascalina Lehnert (1894 bis 1983), die angeblich mächstigste Frau im Vatikan. Der Film beruht auf der wahren Geschichte der langjährigen Haushälterin und Privatsekretärin von Papst Pius XII., die mit 24 Jahren in seinen Dienst trat.

Autor/in:
Cornelia van Schewick
 (DR)

Das soll Christine Neubauer sein? Das «Vollweib» mit der wilden Mähne? Gerade mal Hände und Gesicht sind zu sehen. Den Rest verdeckt das schwarz-weiße Ordensgewand mit der großen Haube. Ungeschminkt und andächtig sitzt sie am Set und wartet auf ihren Einsatz. Die fromme Nonne nimmt man ihr sofort ab.

«Bayerische Nuntiatur» steht auf der großen Messingtafel, die während des Drehs den Eingang zur alten Villa in Krefeld ziert. Zwei Meter höher flattert die weiß-gelbe Vatikan-Flagge. Im Haus wird gerade umgebaut für die nächste Szene. Wie es denn so sei, eine Nonne darzustellen, wird der TV-Star gefragt. Historische Figuren spiele sie gerne und mit leidenschaftlichem Interesse. Das fromme Gewand aber sei schon sehr anstrengend: «In dem Kostüm kann man sich nie entspannen.» Die Haube empfindet Neubauer als einengend und maßregelnd, aber das sei sicher so gewollt. Einen großen Vorteil habe die Ordenskleidung aber schon: «Ich lege das Gewand an und sofort bin ich Pascalina.»

Als Pascalina geht sie gleich darauf auch in die Nuntiatur, die päpstliche Botschaft. In der Szene ist Neubauer mit Nuntius Eugenio Pacelli, gespielt von Remo Girone («Allein gegen die Mafia») zu sehen. «And action!», ruft der Regisseur. Schon begegnen sich die beiden Protagonisten im geräumigen Flur, der den Stil der 1920er Jahre widerspiegelt. 1918 trat die historische Pasacalina beim Botschafter des Vatikan ihren Dienst an. Erst in München, später in Berlin. Nicht im Traum ahnte sie, dass ihr Dienstgeber einmal Papst werden würde und sie seine engste Vertraute.

Als Haushälterin und Sekretärin verbrachte sie 40 Jahre an der Seite des späteren Papstes Pius XII. - eine besondere Stellung, die ihr öffentliches Interesse, aber auch Neid beschied. So wurde ihr schon mal ein Verhältnis mit dem Nuntius nachgesagt. Im Film wird sie daraufhin ins Mutterhaus des Ordens beordert und zur Beichte aufgefordert, doch die Schwester weist dies entrüstet zurück.

Christine Neubauer, die auf eine katholischen Schule ging und regelmäßig beichten musste, kann sich mit der Situation gut
identifizieren: «Ich habe mir auch immer gedacht: Was soll ich beichten? Ich hab ja nichts! Da ging es mir wie Pascalina.» Und heute? «Ich bin mir keiner Sünde bewusst», schmunzelt die 47-Jährige auf die Frage nach ihrer schlimmsten Verfehlung.

Auch sonst steckt tatsächlich ein bisschen Pascalina in Neubauer. Nicht nur, dass beide ihre Wurzeln in der Gegend von Ebersberg in Bayern haben. Die Schauspielerin sieht auch charakterliche Parallelen: «Was wir mit Sicherheit gemeinsam haben, ist der Dickschädel. Den habe ich auch.» Ein Leben als Nonne kann sich die langjährige Ehefrau und Mutter jedoch nicht vorstellen. Die Männer würden ihr doch zu sehr fehlen, gesteht sie. Für Regisseur Marcus O. Rosenmüller ist sie ungeachtet dessen «die beste Besetzung, die man für diese Rolle in Deutschland kriegen kann». Er freut sich, dass Neubauer bald auch noch in einer internationalen Koproduktion über Pius XII. als Pascalina vor der Kamera stehen soll.

Die Dreharbeiten für «Gottes mächtige Dienerin» dauern noch bis Mitte November. Nach Wuppertal, Krefeld und München zieht es die Filmcrew in den Vatikan. Dort hoffen alle Beteiligten, bei einer Audienz auch mit Papst Benedikt XVI. zusammenzutreffen. Als Kardinal Joseph Ratzinger hatte er 1993 zum zehnten Todestag der Schwester die Gedenkmesse gehalten und Pascalina augenzwinkernd als «mächtigste Vertreterin Bayerns im Vatikan» bezeichnet. «Und cut! Das war's für heute.» Regisseur Rosenmüller ist zufrieden, Neubauer wiederum heilfroh, endlich das schwere und schweißtreibende Ordensgewand ablegen zu dürfen.