Mainzer Kardinal: Debatte um Pius-Brüder hat Kirche geschadet

Für Unbelehrbare gibt "es nur einen Schritt"

Der Streit um die traditionalistische Piusbruderschaft hat nach Ansicht des Mainzer Kardinals Karl Lehmann der Kirche massiv geschadet. Das zeigten auch die Kirchenaustrittszahlen, sagte der frühere Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz in einem Interview der "Frankfurter Rundschau". Dennoch verteidigt er die Annäherung des Vatikans an die Bruderschaft, für Unbelehrbare gebe es allerdings "nur einen Schritt".

Karl Kardinal Lehmann: Differenzierter Umgang mit Pius-Brüdern (DBK)
Karl Kardinal Lehmann: Differenzierter Umgang mit Pius-Brüdern / ( DBK )

Auf politischer Ebene sei die Angelegenheit ausgestanden, betonte Lehmann mit Blick auf die Papst-Kritik von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). «Der Papst musste nie, auch nicht von der Kanzlerin - darüber belehrt werden, dass Antisemitismus verwerflich ist.»

Merkel hatte nach der Aufhebung der Exkommunikation von vier Traditionalistenbischöfen den Papst im Februar öffentlich aufgefordert, seine Haltung zur Holocaust-Leugnung des britischen Bischofs Richard Williamson klarzustellen. Die Wiederaufnahme der Bischöfe der vom Vatikan nicht anerkannten Piusbruderschaft in die katholische Kirche löste eine Welle der Kritik aus, als bekanntwurde, dass Williamson den Mord an Millionen Juden unter der NS-Diktatur geleugnet hatte. Der Vatikan erklärte dazu, dass der Papst diese Äußerungen nicht gekannt habe und die vier Bischöfe weiterhin von den kirchlichen Ämtern suspendiert seien.

Lehmann bezeichnete die Piusbruderschaft als «Sammelbecken für alle möglichen Enttäuschten und Frustrierten». Manche von ihnen werde man zurückgewinnen können. Andere gehörten zu einer Gruppe von Unbelehrbaren wie Williamson. «Für die gibt es nur einen Schnitt». Ob eine erneute Exkommunikation das geeignete Mittel sei, zweifelte der Mainzer Kardinal an. Lehmann wörtlich: «Wenn die Piusbrüder sich weiterhin töricht aufführen und mit Papst und Kurie spielen, soll man wirklich sagen, dass sie nicht zu unserer Gemeinschaft gehören. Aber doch nicht einfach mit den alten Instrumenten.»