Entwicklungshelfer versuchen Kehrtwende bei Bioenergie-Nutzung

Das große Leuchten

Nicht weniger als eine energiepolitische Wende im südlichen Afrika, das fordert ein Zusammenschluss von Entwicklungshelfern. Der umweltschonende Zugang zu Strom und Treibstoffen müsse beim Kampf gegen die Armut stärker in den Blickpunkt gerückt werden - sowohl von der internationalen Staatengemeinschaft als auch von den Ländern Afrikas. Keine leichte Aufgabe angesichts der Probleme des Kontinents.

Autor/in:
Joachim Heinz
 (DR)

Eine unscheinbare Pflanze lässt die Laternen in Garalo leuchten. Die kleine Kommune im Süden Malis verfügt seit einiger Zeit über eine moderne Aufbereitungsanlage für das Öl der Jatropha-Nüsse. Die gleichnamigen Büsche gedeihen auch auf den trockenen Böden der Region. Und liefern mit dem aus ihren Früchten gewonnenen Biodiesel die Grundlage für die Stromversorgung von inzwischen rund 250 Haushalten - Straßenbeleuchtung inklusive. Verwaltet wird das effiziente Elektrizitätswerk von einer lokalen Firma. Die Gewinne bleiben also vor Ort.

Von solchen Erfolgsgeschichten müsste es dringend mehr in Afrika geben, meint der Dachverband deutscher Entwicklungsorganisationen (VENRO). In seinem am Dienstag in Bonn zusammen mit dem Forum Umwelt und Entwicklung vorgestellten Positionspapier fordert der Zusammenschluss deshalb nicht weniger als eine energiepolitische Wende im südlichen Afrika. Der umweltschonende Zugang zu Strom und Treibstoffen müsse beim Kampf gegen die Armut stärker in den Blickpunkt gerückt werden - sowohl von der internationalen Staatengemeinschaft als auch von den Ländern Afrikas.

Umdenken dringend nötig
Dabei gelte es einerseits, ein Umdenken bei der traditionellen Nutzung von Biomasse herbeizuführen, Stichwort: Brennholz. Allein in Ruanda hat der Holzeinschlag in den heimischen Wäldern zwischen 1990 und 2005 um sagenhafte 235 Prozent zugenommen. Andererseits sind die in Afrika bislang zur Verfügung stehenden Alternativen alles andere als ausreichend. Öl wird in großen Mengen exportiert, und für Wasserkraftwerke oder den flächendeckenden Einsatz von Solarenergie und Windkraft fehlt das nötige Kapital beziehungsweise der entsprechende Markt.

Bleiben die sogenannten Energiepflanzen wie Jatropha, Soja, Baumwolle oder Mais. «Wir haben im Prinzip keine große Wahl», sagt die stellvertretende Venro-Vorsitzende Christa Randzio-Plath. Wobei sie sehr wohl weiß, dass es innerhalb der Mitgliedsverbände höchst unterschiedliche Positionen zu diesem Thema gibt. So warnt die zuständige Energie-Referentin des katholischen Hilfswerks Misereor, Ulrike Bickel, dass die beim Anbau von Energiepflanzen entstehenden Pestizid- und Dünger-intensiven Monokulturen die fragilen afrikanischen Ökosysteme schädigen und zum Verlust der Bodenfruchtbarkeit führen könnten. Das gefährde letzten Endes die Ernährungssicherheit auf dem von Hungerkatastrophen heimgesuchten Kontinent.

Industriemächte kaufen Ländereien auf
Hinzu kommt, dass die verheißungsvolle «grüne Energie» längst Begehrlichkeiten von Großkonzernen und Schwellenländern wie China geweckt hat. Sie wollen in Afrika riesige Landflächen pachten oder kaufen, um in die Großproduktion von einzusteigen. Für Schlagzeilen sorgte unlängst das Beispiel Madagaskar. Dort wollte sich der südkoreanische Konzern Daewoo 1,3 Millionen Hektar Boden zur Erzeugung von Agrartreibstoffen sichern - etwa die Hälfte der fruchtbaren Landfläche des ostafrikanischen Inselstaates.

Selbstverständlich seien solche Projekte nicht das Ziel des Venro-Vorstoßes, betont Randzio-Plath. Und: «Natürlich darf die Herstellung von Biodiesel unter keinen Umständen die Nahrungsmittelproduktion behindern.» Doch auch in Afrika knüpften sich viele Hoffnungen an die erneuerbaren Energien aus Biomasse. Diese These soll letzten Endes auch die Venro-Studie untermauern, die aus der Feder des nigerianischen iceed-Instituts stammt. Die Autoren werben dafür, dass sich etwa mittels Biodiesel-Generatoren Pumpen betreiben ließen, die mehr Menschen als bisher mit sauberem Trinkwasser versorgen könnten. Energie sei auch nötig für den Betrieb von Kühlschränken, in denen Impfstoffe und Medikamente fachgerecht gelagert werden könnten.

Ob solche Argumente taugen, die verhärteten Fronten in Sachen Bioenergie aufzuweichen, wird die Zukunft weisen. «Wir erhoffen uns eine kontroverse Diskussion», sagt Randzio-Plath. Läuft alles weiter wie bisher - da sind sich zumindest die meisten Experten einig - droht Afrika weiter abgehängt zu werden. Mit der Folge, dass auf dem Schwarzen Kontinent in Sachen Wohlstand und Entwicklung die Lichter dauerhaft ausgehen.